Neues Stück im Überzwerg Von Geschichten, die nie erzählt wurden

Saarbrücken · Im Theater Überzwerg ist ein neues Stück zu sehen, in dem ein junger Mann der großen Liebe seines Großvaters nachspürt.

Ein Mann vermacht seinem Enkel einen Koffer mit zwei Bündeln Briefen: Liebesbriefe und Antwortbriefe in Gedichtform, die der verstorbene Großvater aber nie abgeschickt hat. Den jungen Mann beschleicht ein Gefühl, das wohl jeder kennt: dass es Dinge gibt innerhalb der eigenen Familie, die man nicht weiß. Fragen, die nie gestellt wurden. Geschichten, die nie erzählt wurden. Das war der Ausgangspunkt von „Für C. — Ein Solo mit Musik“, das nun als „Überzwerg Extra“ Premiere feiert: Auf der Suche nach der unbekannten großen Liebe seines Großvaters trampt der Enkel quer durch Kanada und wird dabei mit seiner Vergangenheit und seinem Lebenstraum konfrontiert. Gemeinsam geschrieben und erarbeitet haben „Für C.“ die Überzwerg-Mitarbeiterin Stephanie Rolser (Regie, Ausstattung) und der Schauspieler Sebastian Hammer. Seit seinem Abschied aus dem Ensemble arbeitet er in Mannheim, bleibt dem Überzwerg jedoch weiter treu verbunden.

Die beiden sind ein eingespieltes Team: 2015 hatten sie zusammen „Die Meerjungfrau in der Badewanne“ gemacht – ebenfalls ein Theater-Solo. Damals schon wuchs jedoch der Wunsch, ein Stück selbst zu entwickeln. „Also taten wir, was sich schon bei der Vorbereitung der Meerjungfrau bewährt hatte“, sagt Hammer schmunzelnd: Im Herbst 2015 fuhren die zwei nach Holland ans Meer, sammelten Ideen, probierten aus – und machten dabei Touristen glücklich, die sich  freuten, wenn Hammer am Strand Luftballons steigen ließ.

Luftballons? Das ist eines jener Motive, die beim Brainstorming in die Produktion Eingang fanden und im Nachhinein schwer zu erklären sind. Natürlich haben Ballons etwas mit Reisen zu tun, mit Unbeschwertheit und Loslassen, aber die eigentliche Inspiration war ein Gemälde. Oder die Sache mit den Gänsen. Zugvögel, klar – aber wann die Idee genau auftauchte? Da kommen die beiden ins Grübeln. Ganz wichtig ist auf jeden Fall der Frack aus dem Jahre 1906; ein Erbstück, das Hammer vor zwei Jahren zu seinem 30. Geburtstag geschenkt bekam. Er probierte ihn an, er passte — damit war das Kostüm klar.

Und dann sind da die ganzen (auto)biografischen Einflüsse, die fiktiv verarbeitet wurden. Hammers emotionale Bindung zu seinem Großvater etwa, für den Kanada stets ein Sehnsuchtsort war. 2016 reiste Hammer dann ein halbes Jahr quer durch Kanada und traf viele Menschen, die ihm von Leben, Liebe und Freiheit erzählten. Eine weitere Inspirationsquelle waren „Lieder, die uns gefunden haben“, wie es Stephanie Rolser formuliert: alles Songs aus deutschsprachiger Liederschmiede, von Rio Reiser bis Sarah Lesch, Max Prosa oder Philipp Poisel. Für‘s Halb-Playback mit Gitarre und Klavier eingespielt hat sie Überzwerg-Techniker Andreas Braun. Er zeichnet auch für Licht und Ton verantwortlich und ist damit der wichtige Dritte im Produktionstrio dieses Stücks für Erwachsene und „fortgeschrittene Jugendliche“. Diese Formulierung stammt übrigens vom betagten Onkel der Schreiberin dieser Zeilen, der tatsächlich ein Häuschen in seinem Sehnsuchtsland Kanada hat: Gemeint ist jeder, der im Herzen jung geblieben ist.

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