Zuhause auf der Bühne Vom Hilfs-Techniker zum Schauspieler

Saarbrücken · Frank Engelhardt entdeckte als Jugendlicher durch Zufall seine Leidenschaft für das Theater. Heute steht er in Wien auf der Bühne.

 Als Aurora in „Cinderella passt was nicht“ am Theater der Jugend in Wien mit Livia Wrede. 

Als Aurora in „Cinderella passt was nicht“ am Theater der Jugend in Wien mit Livia Wrede. 

Foto: Rita Newman

Die Theaterferien nutzt Frank Engelhardt derzeit zu einem Besuch in der Heimat, genießt es, mal wieder Saarbrücker Platt „zu schwätzen“ und am Staden bei einem kühlen Bier in die Sonne zu blinzeln. Seit sieben Jahren lebt der Schauspieler in Wien, gehört zum Ensemble des Theater der Jugend, einem renommierten Kinder- und Jugendtheater.

Als jüngstem Spross einer Bergmannsfamilie wurde Frank Engelhardt die Liebe zur Bühne nicht in die Wiege gelegt. „Ich habe in Altenkessel, wo ich aufgewachsen bin, alle Sportvereine durchgemacht, mit Theater hatte ich gar nichts am Hut“, erinnert sich der 44-Jährige. Das änderte sich aber, als sein älterer Bruder Thomas ihn zu einer Überzwerg-Vorstellung von „Leonce und Lena“ mitschleppte. Thomas Engelhardt, der Rebell der Familie, arbeitete als Techniker bei Überzwerg, das gerade seine neue Spielstätte in St. Arnual einrichtete. Frank Engelhardt machte sich als Hilfs-Techniker nützlich und meldete sich parallel beim evangelischen Jugendwerk Sulzbach an, um unter der Regie von Dieter Desgranges Theater zu spielen.

Als das Überzwerg einen Jugendclub für den Nachwuchs eröffnete, wechselte Engelhardt nach St. Arnual. „Damals konnte ich noch kein Hochdeutsch, das war mir so peinlich“, erinnert er sich an die ersten Monate. Doch von da an gab es für den Altenkessler kein Halten mehr. Er verbrachte seine ganze Freizeit am Theater, auch bei den „Großen“, schwänzte, wenn Not am Mann war, sogar die Schule. Nach dem Abi absolvierte er ein Elevenjahr. „Weil man mich zum Zivildienst einberufen wollte, die Überzwerge mich aber brauchten, hat mich die Stadt Saarbrücken sogar für unabkömmlich erklärt“, erzählt Engelhardt lachend.

Auf Anhieb schaffte der Altenkessler die Aufnahme an der Theaterakademie August Everding in München, wo er mit den Überzwerg-Jugendclub-Mitgliedern Frank Erhard und Jan Gebauer in einer Dreier-WG-lebte. Von dort ging es nach Berlin, wo er als frischgebackener Diplom-Schauspieler beim Grips-Theater landete. Er konnte es damals kaum fassen: „Man muss sich das vorstellen, ich als kleiner Bub aus einer Bergmannsfamilie in Berlin und bei dem Theater, das als Inbegriff des linken emanzipatorischen Kinder- und Jugendtheaters galt und Vorbild für Überzwerg war.“

Acht Jahre spielte er bei Volker Ludwig, eine für ihn sehr erfüllende Zeit. Er wäre bestimmt heute noch bei Grips, wenn nicht 2007 eine junge Bühnenbildnerin, in die er sehr verliebt war, ihm erklärt hätte: „Es gibt noch ‚was anderes’, die Welt steht uns offen.“ Also kündigte Engelhardt und arbeitete von Berlin aus freischaffend. Und das ziemlich erfolgreich. Er spielte als Gast am Gelsenkirchener Musiktheater im Revier, mehrfach am Düsseldorfer Schauspielhaus und natürlich auch bei Überzwerg, wo er in Wittekinds Revue „Mütter“ und „Faust, ein Western“ auftrat und zweimal Regie führte. Einmal holte ihn sogar Katharina Wagner nach Bayreuth, um in der Kinderoper „Fliegender Holländer“ mitzuwirken.

„Mir ging es gut, aber immer nur aus dem Koffer zu leben, nicht Teil eines Ensembles zu sein, das war auf Dauer nichts für mich“, erzählt Engelhardt. Also ging er nach Wien, denn dort machte ihm das Theater der Jugend, an dem er bereits gastiert hatte, 2011 ein „unwiderstehliches Angebot“. Dort hat sich Engelhardt, wie die Presse schrieb, mittlerweile zu einer „Stütze des Ensembles“ entwickelt und ist gerade für weitere fünf Jahre zum Betriebsrat gewählt worden.

 Frank Engelhardt.

Frank Engelhardt.

Auch mit über 40 fühlt sich der Altenkessler im Kinder- und Jugendtheater noch am richtigen Platz. „Ich hab das Gefühl, dass es da menschlicher zugeht, da trifft man keine Schauspieler mit Allüren und auch das Publikum ist ehrlicher“, sagt Engelhardt. „Die Kinder zeigen dir sofort, wenn Du langweilig bist“. Die Gefahr Langweilig zu sein ist bei ihm, der immer wieder für sein komisches Talent gerühmt wird, sehr gering.

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