Rafik Schami war zu Gast beim Verein Dar-in Verein ist ein Brückenbauer zwischen den Kulturen

Saarbrücken · Der bekannte Autor Rafik Schami kam auf Einladung von Dar-in zu einem Vortrag nach Saarbrücken.

 Diese Kinder spielten „Das ist kein Pagagei“ - ein Kinderbuch von Rafik Schami, in den Räumen des Kulturvereins und begeisterten das Publikum und auch den bekannten Autor.

Diese Kinder spielten „Das ist kein Pagagei“ - ein Kinderbuch von Rafik Schami, in den Räumen des Kulturvereins und begeisterten das Publikum und auch den bekannten Autor.

Foto: David Lemm

Am Sonntagnachmittag ist es sehr heiß, ideales Schwimmbadwetter. Dennoch haben sich rund 70 gut gekleidete Besucher in den aufgeheizten Räumen des Saarbrücker Kulturvereins Dar-in eingefunden. Darunter zwei Kinder mit aufgeklebten Schnurrbärten. Gemeinsam lauschen sie den von Abu Mahmoud auf der Oud, der arabischen Laute, dargebotenen Klänge. „Es ist schön, dass ihr trotz der Hitze den Weg zu uns gefunden habt“, begrüßt Anja Laue das Publikum. „Die Kultur erfrischt euch heute“, verspricht sie, bevor sie ihren Gast, den „Poeten und Weltliteraten“ Rafik Schami begrüßt. Von Applaus begleitet, verneigt sich Schami bescheiden lächelnd vor dem Publikum.

Schami ist nicht der erste prominente Gast, den Dar-in eingeladen hat. Im Rahmen einer weiteren Vortragsreihe „Menschen aus verschiedenen Blickwinkeln“ waren bereits Bernd Mosblech, Albrecht Müller, Christian Duda und Tarek Eltayeb der Einladung des Vereins nach Saarbücken gefolgt, um mit dem Publikum in einen offenen Dialog zu treten. „Unser Vo-Du-Na-Konzept (Vorbereitung/Durchführung/Nachbereitung) hat sich in der Vergangenheit bewährt. Auch Rafik Schami ist von dem Konzept überzeugt“, erklärt Amer Mohamed stolz. Die beiden zählen zu dem achtköpfigen Gründungsteam von Dar-in. Mehr als zwanzig Jahre ist es her, dass Amer Mohamed in Saarbrücken BWL studierte und mit aus- und inländischen Freunden anderer Fachrichtungen etwas für den Kulturaustausch tun wollte. Denn damals wie heute birgt die gesellschaftliche Vielfalt Chancen und Konflikte, die es zu reflektieren und zu lösen gilt, um ein friedliches und respektvolles Miteinander zu ermöglichen. Der Vereinsname Dar-in ist ein Wortspiel: auf Deutsch bedeutet es so viel wie dabei sein, auf Arabisch zwei Häuser bzw. zwei Heimaten.

„Wir sind ein Verein für alle, die sich mit unseren Visionen, demokratischen Grundwerten und der Satzung identifizieren können.  Wir versuchen gemeinsam, Herausforderungen zu beschreiben, zu analysieren und dadurch Lösungsansätze anzubieten“, betont Amer. Anja Laue ergänzt: „Wir sind sehr unterschiedlich in dem, was wir mitbringen und was wir können. Es ist egal, was man für einen Beruf hat. Es zählt das ehrenamtliche Engagement, denn wir wollen uns gegenseitig unterstützen, um gemeinsam weiterzukommen.“ Seit 2018 lösen sie diesen Anspruch mit einem engagierten Kernteam ein. Neben vielen Aktivitäten, die mit der vereinseigenen Bibliothek verbunden sind, gibt es Vorträge und Workshops sowie das Medizinische Atelier, gemeinsame Konzertbesuche und neuerdings auch Bewegungsangebote wie Yogakurse und eine Rückenschule für Kinder und Erwachsene. Im Zentrum steht die gegenseitige Vermittlung von Wissen und Kultur – auf Deutsch und Arabisch.

Der syrisch-deutsche Schriftsteller und Chemiker Rafik Schami verkörpert als prominenter Gewährsmann das interkulturelle Anliegen des Vereins. Doch zuerst gehört den Kindern die Bühne. „Das ist kein Papagei“ heißt Rafik Schamis Kinderbuch, das einige Kinder zum Entzücken des Publikums aufführen. „Göttlich“, schwärmt Schami, der sein Publikum vorab augenzwinkernd daran erinnert: „Vergessen Sie nicht, ihr Smartphone oder Handy nach der Veranstaltung wieder anzumachen.“

Gut dreieinhalb Stunden nimmt sich Schami für sein Publikum Zeit – abwechselnd auf Deutsch und Arabisch. In seinem glänzenden Vortrag zeichnet er mit deutlich kritischen Untertönen seine syrisch-aramäische Herkunft und seinen Werdegang nach. Seine Flucht vor dem Regime, vor dem drohenden Militärdienst und vor allem vor den Onkeln und Tanten, „die überall ihre Augen haben und schlimmer als jeder Geheimdienst sind“. Die deutsche Sprache, seine fünfte Sprache, ein Klacks für ihn, der eigentlich nach Paris wollte, aber in Heidelberg landete. Aber das literarische Deutsch war eine große Hürde, die er durch seine Beharrlichkeit – er schrieb die kompletten Buddenbrooks ab – meisterte. Er ist stolz, dass er es trotz der unzähligen Absagen deutscher Verleger weiter mit seinen Romanen in seiner Schami-Sprache versuchte – und schließlich mit „Erzähler der Nacht“ einen ersten Welterfolg landete. Gegen all die Widerstände skeptischer Verleger und Literaturkritiker, ohne Mitleidsbonus und ohne Arroganz, die so viele erfolgreiche Autoren befällt, wie er weiß. Gewissenhaft beantwortet er jede Frage.

 Autor Rafik Schami während seines Vortrags in Saarbrücken.

Autor Rafik Schami während seines Vortrags in Saarbrücken.

Foto: David Lemm

„Die Leistung von Dar-in haben alle arabischen Botschafter nicht geschafft“, lobt er seine Gastgeber, denen er mehrere Kartons arabischer Bücher aus seiner Privatbibliothek geschenkt hat. „Das ist ein ganz toller Verein, weil er Brücken zwischen der orientalischen und westlichen Welt baut“, sagt Rana Issazadeh.

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