Ullrich Kerker hat endlich in Brebach seine eigene Grafik-Werkstatt Wie man mit Fingernägeln große Kunst macht

Saarbrücken/Brebach/Saarlouis · über 30 Jahre lang leitete Ullrich Kerker die Druckwerkstatt der Hochschule der Bildenden Künste Saar - und wurde kaum bekannt. Dabei ist er selbst ein hervorragender Grafiker. Nun, da er verrentet ist, kann er in einem eigenen Atelier durchstarten.

 Ullrich Kerker in seiner Grafik-Werkstatt in Brebach. Er arbeitet in einer Ateliergemeinschaft.

Ullrich Kerker in seiner Grafik-Werkstatt in Brebach. Er arbeitet in einer Ateliergemeinschaft.

Foto: Iris Maria Maurer

Erst seit rund 18 Monaten hat Ullrich Kerker ein eigenes Atelier. In zwei Räumen der „Ateliergemeinschaft Saarbrücker Straße 83“ in Brebach kann er sich nun ganz und gar seiner Leidenschaft, der Druckgrafik, widmen. In seinem Atelier finden sich daher neben Regalen mit vielen Mappen und Schubladenschränken auch zwei Handdruckpressen, denen man ansieht, dass sie schon lange Jahre gute Dienste verrichten. Und in der Mitte des Raums steht ein langgezogener Arbeitstisch, auf dem einige seiner Grafiken und Vorarbeiten liegen. Für Ullrich Kerker ist die Situation immer noch etwas ungewohnt.

Der Einfall kommt beim Drucken

„Ich muss mich erstmal daran gewöhnen, keine Studenten mehr zu unterrichten“, sagt er dann auch gleich zu Beginn des Gesprächs. Denn Ullrich Kerker war knapp 31 Jahre der Leiter der Druckwerkstatt der Hochschule der Bildenden Künste Saar, HBK, ist seit diesem Sommer verrentet. Daher hatte er über lange Jahre kein Atelier außerhalb der HBK, er konnte die Werkstatt auch für sich selbst nutzen. Und auch nach all den Jahren erklärt er: „Die Druckgrafik macht immer noch viel Spaß. Das Gebiet der Druckgrafik ist äußerst umfangreich, das Drucken selbst ist ja nur ein kleiner Teil innerhalb des Arbeitsprozesses. Hand- und Kopfarbeit sind dabei nicht zu trennen, manchmal entwickelt sich der Einfall erst beim Machen“. Und dann schwärmt er von den vielen Möglichkeiten, vom Hochdruck, in dem man wie mit Stempeln auf das Papier druckt, vom Tiefdruck, bei dem Farbe in Vertiefungen der Radierplatte eingebracht wird, und anschließend abgezogen wird. Dazu kommen noch Walzendrucke, Monotypien, Collagen oder Frottagen. Ullrich Kerker nutzt sie alle, und das meisterlich.

Seine Farbpalette ist dabei meist auf Schwarz und Grautöne reduziert. Er experimentiert gerne, immer wieder kommen ihm neue Ideen.Ullrich Kerker, der in Remscheid geboren wurde, zeichnete schon immer gerne. „Als ich noch gar nicht wusste, was ich machen wollte, fragte mich ein Freund meines Bruders, ob ich mich nicht mit meinen Zeichnungen an der Kunstakademie in Düsseldorf bewerben wolle“, sagt er. Und er wurde auf Anhieb an der renommierten Hochschule angenommen. Das war im Jahr 1973. Ullrich Kerker studierte daraufhin Freie Kunst und Kunsterziehung, spezialisierte sich schon da auf die Druckgrafik. Nach Diplom und Meisterschülerzeit wurde er für zwei Jahre Kunstlehrer an einem Gymnasium in Remscheid. „Aber das war zumeist das pure Chaos für mich“, seufzt er noch heute. So beendete er diese Laufbahn, nahm für einige Jahre Lehraufträge in Düsseldorf und Siegen an. Dort lernte er Prof. Wolfgang Nestler kennen, der 1989 einen Ruf an die noch neue HBK erhalten hatte. „1990 hatte er erfahren, dass in Saarbrücken eine Stelle in der Druckwerkstatt frei war und hatte mir das mitgeteilt. Daraufhin habe ich mich beworben – und es hat geklappt“, erzählt Ullrich Kerker. Im Oktober 1990 begann er an der HBK, musste die Druckwerkstatt aber erstmal miteinrichten. Dann hat er für mehrere Jahre mit seinen Studierenden einen Tag pro Woche in der Völklinger Hütte, der Handwerkergasse, gearbeitet. „Es war eine spannende, außergewöhnliche Atmosphäre. Dort habe ich auch mit dem Leiter der Metallwerkstatt, Hans Lorson, eine Radierpresse gebaut“, sagt er.

Er fertigt Zweihandzeichnungen

In den 31 Jahren hat er mit vielen Studierenden zusammengearbeitet, hatte immer ein gutes Verhältnis zu ihnen, mit manchen hat er Kontakt bis heute. So kennt er auch seine Künstlerkollegen und Kollegin, mit denen er die Ateliergemeinschaft bildet, Christiane Wien, Peter Ondraczek und Nikolaus Hülsey, noch aus dem Studium. Aber trotz allem Engagement und Vollzeitstelle an der HBK hat Ullrich Kerker auch immer an seinen eigenen Grafiken gearbeitet. „Das war ganz wichtig für mich. Denn man kann Studierenden nur dann etwas zeigen, wenn man sich selbst auch weiterentwickelt“.

So arbeitet er auch derzeit mit den unterschiedlichsten Techniken, und nutzt dabei auch gerne die einfachsten Mittel, wie die Fingernägel für die Zeichnungen in einer Monotypie oder ein gefaltetes Stück Papier für Frottagen. Dazu arbeitet er derzeit an Zweihandzeichnungen, bei denen er mit rechter und linker Hand gleichzeitig die gleichen vegetativen Formen abbildet. Die Ergebnisse sind so vielfältig und spannend wie die verschiedenen Techniken selbst. Davon konnte man sich schon in einigen Ausstellungen wie der Landeskunstausstellung 2013 überzeugen oder noch bis zum 12. September im Institut für aktuelle Kunst in Saarlouis. Dort läuft gerade eine Ullrich-Kerker-Ausstellung.

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