Kunst im öffentlichen Raum Was hat es mit der schwebenden Frau auf sich?

Saarbrücken · Theo Siegles Wandrelief an der Landesversicherungsanstalt ist nicht einfach zu deuten. Seit 1952 schmückt es das Gebäude.

 Die schwebende Frau schmückt das rote Backstein-Gebäude der Landesversicherungsanstalt.

Die schwebende Frau schmückt das rote Backstein-Gebäude der Landesversicherungsanstalt.

Foto: Oliver Dietze

Schwebt sie? Oder liegt sie? So ganz einwandfrei kann man die Haltung der Figur auf dem Wandrelief neben dem Eingang der Landesversicherungsanstalt (LVA) für das Saarland nicht deuten. Aber sie ziert und verschönert schon seit dem Jahr 1952 das rote Backsteingebäude in der Saarbrücker Martin-Luther-Straße, das zu den ersten Großbauten Saarbrückens nach dem 2. Weltkrieg zählt.

Theo Siegle erschuf die über zwei Meter lange Frauengestalt, um deren zierliche Figur ein Tuch geschlungen ist, das sich von ihrem Kopf bis zu den Füßen um den Körper schmiegt. Dabei hat der Bildhauer die Silhouette der Figur vereinfacht wiedergegeben, Körper, Kleid und Tuch sind summarisch zusammengefasst, außer einem zarten Gesicht sind kaum weitere Details zu sehen. Das Wandrelief ist aus sehr hellem Stein gearbeitet, das Material bildet einen schönen Kontrast zum roten Backstein des Gebäudes und auch zu der Leichtigkeit der Darstellung der weiblichen Figur, die in ihrer linken Hand ein Gefäß hält.

Wie lässt sich aber nun diese schwebende Dame samt Gefäß deuten? Sie erinnert an eine Engelsgestalt mit einem Salbungsgefäß. Das flatternde Tuch ersetzt dabei die sonst üblichen, aber hier fehlenden Engelsflügel. Wahrscheinlich soll sie den Schutz symbolisieren, den eine Landesversichertenanstalt ihren Versicherten bietet. Ein kleiner Stein in der rechten oberen Ecke des Reliefs, auf dem die Buchstaben „LVA“ zu lesen sind, verdeutlicht dies.

Theo Siegle war ein sehr bekannter Bildhauer. Geboren in Haßloch im Jahr 1902, studierte er ab 1923 in Stuttgart und später in München Bildhauerei, spezialisierte sich schon früh auf stark vereinfachte Portraits und Reliefs. Von 1946 bis 1961 leitete er die Bildhauerklasse an der Staatlichen Schule für Kunst und Handwerk Saarbrücken, 1954 wurde er zum Professor ernannt, ab 1958 war er sogar der kommissarische Leiter der Kunstschule. Von 1961 bis 1965 arbeitete er freischaffend in Saarbrücken, danach lebte er in Heidelberg, wo er 1973 verstarb. Während seines Lebens erhielt Siegle viele Ehrungen, darunter auch das Bundesverdienstkreuz. Wegen seiner langjährigen Tätigkeit in Saarbrücken wundert es nicht, dass von ihm noch weitere, wenn auch dezente Kunstobjekte in der Stadt zu finden sind, darunter eine Stahlprofilkonstruktion in der Hardenbergstraße und ein Kriegerdenkmal für das Dragoner-Regiment in Alt-Saarbrücken. Zudem wird Theo Siegle als Entwerfer der saarländischen Franken-Münzen genannt.

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