Kolumne Wertvoller Tipp für Abenteuerjungs

Kinder sind neugierig, und Neugierde macht erfinderisch. Unser Autor Alexander Manderscheid verrät, welchen Schabernack er als Zehnjähriger trieb.

SZ-Kolumne So kann's gehen von Alexander Manderscheid
Foto: SZ/Robby Lorenz

In dem Dorf, in dem ich groß geworden bin, stand einmal ein leeres Haus, was damals – wie heute natürlich auch – einen aufgeschlossenen jungen Mann von zehn Jahren ähnlich reizen konnte wie der kleine Schluck Wein auf der Familienfeier oder ein brennendes Streichholz in einer sommergetrockneten Wiese. Das tat es mit uns natürlich auch – mit meinem besten Freund von damals und mir. Eine nicht verschlossene Tür auf der Rückseite, deren Klinke wir rein zufällig nach unten gedrückt hatten, reichte – und sieh’ mal einer an: Statt uns möglicherweise um eine trockene Wiese zu kümmern – wir waren noch auf der Suche nach einer Beschäftigung –, standen wir wie aus dem Nichts heraus inmitten eines ganzen Hauses für uns allein. Das wäre eine Partie Vater-Mutter-Kind Wert gewesen, wenn ein Mädchen uns begleitet hätte. Da das aber nicht der Fall war und uns die Idee einer homosexuellen, kinderlosen Variante nicht in den Sinn kommen wollte, geschah es, dass wir uns wenige Augenblicke später wie von Geisterhand geführt im Keller wiederfanden und dort ein Fässchen Teer entdeckten, dessen Deckel genauso verführerisch nachgab wie die Tür zuvor. Also entschlossen wir uns, die Straße neu zu teeren.

Wer seine ungeliebten neuen Sandalen loswerden will, weil sie beim Laufen wegschlappen und sich im Gelände immer wieder Steinchen unter der Sohle verfangen können, sollte bedenken, dass auch wiederholtes Bitten auf taube Ohren stoßen kann. Aber wenn die Oma in Rage später auch den Teer von der Straße mehr schlecht als recht verschwinden lassen kann, gelingt es ihr nicht bei den Sandalen. Das sind die kleinen Tricks, die jeder Zehnjährige kennen muss.

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