Flucht von Syrien nach Saarbrücken „Ich wollte wissen, wer diese Deutschen sind“

Saarbrücken  · Firas Alshater kam vor vier Jahren als Flüchtling nach Deutschland. In Lesungen und Filmen erzählt er von seinen Erfahrungen.

 „Wie komme ich nach Deutschland?“, habe er damals seine Eltern gefragt, nachdem seine Tante dort hingezogen sei. „Gar nicht“, meinten diese. „Als Syrer brauchst du ein Visum für Deutschland und weil du Syrer bist, bekommst du das nicht“.  Firas Alshater erzählt die Geschichte, wie er das erste Mal mit Deutschland in Berührung kam. Recht behalten sollten seine Eltern allerdings nicht. Denn 2013 erhielt der 26-jährige ein Visum, um in Deutschland einzureisen. Jetzt lebt er in Berlin. An diesem Tag ist er zu Gast in der Saarbrücker Stadtbibliothek um sein neues Buch vorzustellen.

Doch bis dahin war es ein langer Weg. 2011 wollte er den Taten des Assad-Regimes in Damaskus nicht länger zusehen, wollte „nach Freiheit fragen“, wie er sagt. Er half Demonstranten zu organisieren, kaufte sich eine Kamera und begann zu dokumentieren. Daraufhin wurde er vom Regime verhaftet und im Gefängnis gefoltert. Er konnte fliehen, zuerst in die Türkei, später in den Norden Syriens.

2013 sei dann einer seiner Freunde beim Drehen eines Filmes dem syrischen Bürgerkrieg zum Opfer gefallen. Ihm wurde angeboten diesen Film zu Ende zu drehen, und nach Berlin zu reisen um beim Schnitt zu helfen. „Ich bin ganz langweilig mit dem Flugzeug nach Deutschland gereist, nicht wie viele andere“, sagt er. Nachdem sein Visum nach drei Monaten auslief, beantragte er Asyl in Berlin. Von seinen Erlebnissen die sich daran anschlossen, berichtet er in seinem Buch, „Ich komm auf Deutschland zu“. Und das mit ganz viel Humor. Er liest Passagen aus dem Buch vor, antwortet auf Fragen aus dem Publikum, das so zahlreich erschienen ist, das schon Menschen draußen stehen oder zwischen den Stühlen auf dem Boden sitzen.

Die eigentliche Vorstellung des Buchs fängt er aber mit dem an, was er am liebsten macht. Er zeigt einen Film. Einen Film, den er aufgenommen hat, während er im Flüchtlingsheim lebte. Er zeigt Bilder aus seiner Heimat, aus Damaskus und vergleicht sie mit den Bildern aus seiner neuen Heimat, Berlin. Ein Helikopter der Menschen nach einem Unfall rettet, anstatt auf sie zu schießen. Polizisten die Demonstrationen schützen, anstatt sie gewaltsam aufzulösen.

Solche Filme, ernst, teilweise deprimierend, hat er früher gemacht. Doch er habe sich irgendwann gedacht, dass er auch mal was anderes machen wolle. Etwas Optimistischeres. Also startete er ein Experiment, um herauszufinden, wer diese Deutschen eigentlich sind. Er stellte sich mit verbundenen Augen auf den Berliner Alexanderplatz, mit einem Schild: „Ich vertraue dir, vertraust du mir auch?“ Viele umarmten ihn, sein Video wurde ein Hit. Heute hat sein YouTube-Kanal über 20 000 Abonnenten, und ein Verlag bat ihm an seine Geschichte aufzuschreiben.

Für viele, gerade junge Flüchtlinge ist Alshater ein Idol. Nach seiner Lesung bildet sich eine lange Schlange, Bücher sollen signiert werden, jede Menge Selfies werden geschossen. Denn viele von seinen Fans machen das Gleiche durch wie er einst. Sie haben Schlimmes gesehen im Krieg, die Erinnerungen lassen sie nicht los. Er habe vor der Entscheidung gestanden „sich in die Ecke zu setzen“, zu sagen er sei „der arme Flüchtling“. Oder aber er nutze den Schmerz, um andere Menschen zum Lachen zu bringen. Denn mit Humor könne man mehr erreichen; als man denkt. Mehr als mit Hass. Auch wenn es darum geht, den Menschen, die ihm negativ gegenüber stehen; zu antworten. „Man kann Hass mit mehr Hass bekämpfen“, sagt er, „da kriegt man aber nur noch mehr Hass zurück.“

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