Serie Poetry Slammer „Es ist viel Zivilcourage verloren gegangen“

Saarbrücken · Sula Norried ist kurz vor Corona so richtig durchgestartet. Ihre Texte erzählen von ihr selbst und der Gesellschaft.

 Sula Norried aus Saarbrücken ist sowohl Musikerin als auch Poetry Slammerin.

Sula Norried aus Saarbrücken ist sowohl Musikerin als auch Poetry Slammerin.

Foto: Sebastian Dingler

Die Corona-Krise macht nicht zuletzt den Künstlern viel kaputt: Das gilt vor allem für jene, die gerade auf dem aufsteigenden Ast waren, als plötzlich alle Veranstaltungen ausfielen. Das trifft zum Beispiel auf Sula Norried zu, die zwar schon als Sängerin in Erscheinung getreten war, sich aber gerade anschickte, in der Poetry-Slam-Szene Fuß zu fassen.

Das Interesse an dieser Kunstform entstand bei der 23-Jährigen schon vor zwei Jahren: „Da gab es eine Schlüsselsituation: Die Wohnung meines besten Freundes war abgebrannt. Drei Tage darauf war ich beim Poetry Meets Music im Studio 30 angemeldet, eigentlich als Musikerin. Dann habe ich innerhalb von drei Tagen einen Text über das Feuer geschrieben und den ins Programm genommen.“

Das kam gut an, also fing Sula an, weitere Texte zu verfassen. Die nächsten Auftritte folgten: wieder im Studio 30, in Trier, Kaiserlautern und in der Camera Zwo, beim Poetry Slam der saarländischen Vereinigung Dichterdschungel.

Dort spielte Sula das so genannte Opferlamm, also diejenige Person, die außerhalb der Konkurrenz auftritt. Auch da hatte sie noch die Gitarre dabei, ihren Auftritt in ein Lied und einen Slam-Text aufgeteilt.

Bühnenerfahrung hat Sula bisher hauptsächlich durch die Musik gesammelt. Schon in der Realschule in Ottweiler hatte sie in der Schulband gesungen, später kamen Auftritte mit namhaften saarländischen Musikern hinzu. Das lief vor allem über den Kulturverein „Zweite Chance“, wo Sula beispielsweise zum zehnjährigen Bestehen in der Garage auftrat.

Eigene Songs hat sie auch schon geschrieben und im Tonstudio der „Zweiten Chance“ aufgenommen. Abgesehen davon tanzt Sula, malt und sticht Tattoos, selbst die eigenen. Kein Wunder also, dass das Allround-Talent gern Freie Kunst studieren würde, wenn es bald mit dem Fachabitur fertig ist.

Aufgewachsen ist die Künstlerin in Landsweiler-Reden, was aufgrund ihrer dunklen Hautfarbe – ihr Vater ist Jamaikaner – nicht immer einfach war. „Dort habe ich schon manchmal negative Bemerkungen zu meinem Aussehen hören müssen, auch in Ottweiler, als ich dort auf der Schule war“, erzählt sie.

In Saarbrücken, wo sie seit ein paar Jahren wohnt, sei das besser. Trotzdem: „Ich finde, dass viel Zivilcourage verloren gegangen ist in unserer Gesellschaft. Wenn jemand eine blöde Bemerkung macht und sich dann die Leute drumherum auch noch davon beeinflussen lassen, ist das schlecht. Schöner wäre es, wenn die Leute einen festen Standpunkt einnehmen würden, der sich durch nichts erschüttern lässt.“

Wovon handeln Sulas Texte? „Viel von mir selbst. Sachen, die ich über mich selbst gelernt habe, Dinge, die ich an mir festgestellt habe, Situationen, in denen ich nicht weiterkomme. Aber auch Allgemeines, ich versuche, darauf aufmerksam zu machen, dass Leute vielleicht mal sich selbst reflektieren und dass ein Miteinander da ist.“

Dabei erzählt sie weniger Geschichten – „Storytelling machen ja viele“ –, sondern reiht philosophische Aphorismen aneinander. Das erinnert an Liedtexte. Sula selbst meint dazu: „Mein Stil geht eher Richtung Rap, da kommt das Musikalische durch.“

Wie viele Slammer ist sie auch von der guten Atmosphäre bei den Poetry Slams begeistert: „Das ist eine ganz herzliche und angenehme Szene, sehr familiär. Obwohl das ja ein Wettkampf ist, habe ich nie das Gefühl, dass es um Konkurrenz geht.“

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