Uraufführung Sechs Musiker fürs Saarbrücker Glockenspiel

Saarbrücken · Am Sonntag wird der Geburtstag der Rathaus-Glocken gefeiert. Studierende der Musikhochschule haben extra dafür komponiert.

 Gruppenbild im Glockenturm: Ting Ting Pan, Olivia Artner, Florian Wessel, Kiloh Lee, Heesoo Jun und Jieun Jeon (von links) studieren Komposition an der Hochschule für Musik Saar und haben zum Geburtstag der Rathaus-Glocken neue Melodien komponiert. Am Sonntag werden sie das Glockenspiel steuern.

Gruppenbild im Glockenturm: Ting Ting Pan, Olivia Artner, Florian Wessel, Kiloh Lee, Heesoo Jun und Jieun Jeon (von links) studieren Komposition an der Hochschule für Musik Saar und haben zum Geburtstag der Rathaus-Glocken neue Melodien komponiert. Am Sonntag werden sie das Glockenspiel steuern.

Foto: Sebastian Dingler

Eine Glocke ist ja nicht per se ein Musikinstrument, eigentlich dient ihr Klang ja meist als Signal für Gläubige, zur Kirche zu kommen. Trotzdem besitzt ja jede Glocke einen eigenen Ton, was sie in den Rang eines Musikinstrumentes erhebt. Und wenn man mehrere in Tonhöhen gestimmte Glocken nebeneinander hat, dann lassen sich darauf Melodien spielen.

So ist das seit 20 Jahren im Turm des Saarbrücker Rathauses. Damals kamen die Glocken anlässlich der 1000-Jahr-Feier der Stadt in den Turm. Die Anregung dazu hatte der mittlerweile verstorbene Günther Lesem gegeben, nachdem der Kulturausschuss eine Ausschreibung durchgeführt hatte, was die Bürger sich denn zur Feier an Neuem wünschten.

Wobei, neu war das Glockenspiel in dem Sinne nicht, denn der Rathausturm beherbergte bis zum Zweiten Weltkrieg bereits ein solches, das dann zu Kriegszwecken eingeschmolzen wurde. Die damalige Sprecherin des Kulturausschusses, Irmgard Schmidt, leitete die Dinge in die Wege: So konnte die Handwerkskammer als Hauptsponsor des Glockenspiels gewonnen werden. Stolze 150 000 Mark kostete die Attraktion damals.  Dazu kam noch das Figurenspiel für 80 000 Mark, die aber ausschließlich durch Spenden von Saarbrückern aufgebracht wurden. Als im letzten Jahr die Steuerung erneuert werden musste, stiftete die Handwerkskammer abermals 3000 Euro.

Seither ist es möglich, mit einem Computer und einem so genannten Midi-Protokoll die einzelnen Glocken anzusteuern. Im Gegensatz zur alten Steuerung können jetzt auch beliebig viele der 19 Glocken gleichzeitig angeschlagen werden – bisher spielte immer nur eine Glocke nach der anderen.

Um jetzt die 20 Jahre Glockenspiel gebührend zu feiern, hatte Irmgard Schmidt die Idee, dass Studierende der Hochschule für Musik (HfM) kurze Stücke eigens dafür komponieren könnten. So kam die Kompositionsklasse von Professor Arnulf Herrmann ins Spiel. Olivia Artner, Kiloh Lee, Florian Wessel, Ting Ting Pang, Jieun Jeong und Heesoo Jun werden an diesem Sonntag, 23. Juni, zur Jubiläums-Feier ein je zweiminütiges Stück präsentieren.

Bereits im Februar gingen die jungen Leute in den Turm, um das Instrument zu erkunden: „Wir hatten das Glück mit einem Keyboard auszuprobieren, wie es reagiert, was es spezifisch kann oder wie schnell man es überhaupt spielen kann“, erzählt Florian Wessel beim Termin vor Ort. Olivia Artner ergänzt: „Wir interessieren uns für alle möglichen Arten von Klängen, das muss jetzt nicht unbedingt konsonant und schön klingen. Wir wissen aber selber nicht, wie es dann am Ende klingt.“

Damit die Studierenden eine ungefähre Vorstellung haben, wurden die Glockenklänge im Februar einzeln aufgenommen und in den Computer eingespeist. So können sie an der HfM ihre Stücke schon mal vorhören.

Gary Berger, Leiter des dortigen Studios für experimentelle und elektronische Musik, erklärt die spezifische Problematik des Glockenspiels: „Der Grundton jeder Glocke ist gestimmt, aber die Obertöne sind enharmonisch. Wenn man einen Dur-Akkord drückt, dann passen die Grundtöne, aber durch die Obertöne entstehen ganz neue Schwingungen und Spektren. Da ist großes Potential vorhanden, gerade im Bereich der zeitgenössischen Musik, die wir an der Hochschule vermitteln.“

Allerdings hat das Instrument auch seine Grenzen: „Die Klöppel werden durch schwere Elektromagnete betätigt. Als wir den ersten Test gemacht haben, haben wir gemessen, wie schnell sich Töne wiederholen können. Die Repetitionsdauer ist eine halbe Sekunde. Zweiunddreißigstel gehen da nicht.“ Ob sich aber mit den vielen Obertönen so ein Akkord nicht schrecklich anhört? „Für mich nicht“, meint Student Kiloh Lee. Mal sehen, was die Zuhörer am Sonntag dazu sagen. . .

 Die 19 Glocken im Rathausturm erwarten am Sonntag die Kompositionen junger Musikerinnen und Musiker der HfM.

Die 19 Glocken im Rathausturm erwarten am Sonntag die Kompositionen junger Musikerinnen und Musiker der HfM.

Foto: Sebastian Dingler

Die Aufführungen zum 20-jährigen Jubiläum des Glockenspiels im Rathausturm werden am Sonntag, 23. Juni,  um 20 und 21 Uhr stattfinden. Die Studentinnen und Studenten werden vor Ort sein, ebenso die Initiatorin Irmgard Schmidt.

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