Serie Kunst im öffentlichen Raum Nicht zu übersehen - Das Steinbuch am St. Johanner Markt

Saarbrücken · Wolfgang Kubach und Anna Maria Kubach-Wilmsen erschufen das Werk an der Basilika im Jahr 1978, als der St. Johanner Markt saniert wurde.

 Das Steinbuch vor der Basilika Sankt Johann.

Das Steinbuch vor der Basilika Sankt Johann.

Foto: Iris Maria Maurer

Für manche Autofahrer mag sie einfach nur ein Verkehrshindernis sein. Denn die Skulptur liegt genau vor dem Portal der Basilika St. Johann am St. Johanner Markt, dort, wo Eilige schon mal gerne ihr Auto abstellen. Und sie liegt tatsächlich, denn die Skulptur zeigt ein riesengroßes, stilisiertes Buch aus schwarzem Granit, ein „Steinbuch“, dessen Gestaltung trotz der Härte des Materials jedoch so wirkt, als ob es sich durch Witterungseinflüsse bald auflösen würde.

Die Skulptur stammt von dem Künstlerpaar Wolfgang Kubach und Anna Maria Kubach-Wilmsen, die sich Kubach-Wilmsen-Team nannten. Diese Skulptur, die, wenn sie nicht zugeparkt ist, auch gerne als künstlerisches Sitzmöbel dient, wurde 1978 an Ort und Stelle erschaffen. Denn das fast zwei Meter lange und über ein Meter breite Kunstwerk ist eine von siebzehn Steinskulpturen, die im Rahmen der Sanierung der Fußgängerzone des St. Johanner Markts bei einem internationalen Bildhauersymposion im Jahr 1978 erschaffen wurden.

Wolfgang Kubach und Anna Maria Kubach-Wilmsen lebten in Bad Münster am Stein und wurden zu dem Symposion nach Saarbrücken eingeladen. Wolfgang Kubach, Jahrgang 1936, und Anna Maria Wilmsen, Jahrgang 1937, studierten gleichzeitig an der Münchener Akademie der Künste – er Malerei, sie Bildhauerei. Bereits 1976 erschufen sie als Team ihr erstes „Steinbuch“, das zur tragenden künstlerischen Idee der beiden wurde. Sie variierten das Motiv häufig und in unterschiedlichen Steinsorten, wobei das Saarbrücker „Steinbuch“ eines der ersten war. „Ein Buch wird von der Hand gehalten und mit den Augen gelesen. Ein Steinbuch wird von den Augen gehalten und mit der Hand gelesen“, beschrieb Anna Kubach-Wilmsen ihre künstlerische Intention.

Dem mittlerweile verstorbenen Paar war wichtig, dass der Stein selbst gut zur Geltung kommt, dass man sowohl seine ursprüngliche Struktur als auch seine Farben und Qualitäten weiterhin sehen und fühlen kann. Denn das Paar begriff den Stein als Relikt der Millionen Jahre alten Entstehungsgeschichte der Erde. „Wir suchten in dem russischen Steinblock ein Stück Geschichte der Erde. Die geschliffene Oberfläche entdeckt die Schwärze und Struktur des Steins, während die gebrochene Seiten-Komposition auf den Widerstand und die Härte der Stein-Materie verweist“, wird das international tätige Künstlerpaar in dem Buch „Kunst im öffentlichen Raum“ des Instituts für aktuelle Kunst zitiert.

Weitere „Steinbücher“ von Anna Kubach-Wilmsen und Wolfgang Kubach finden sich in Mainz, Germersheim oder Bad Münster am Stein, ihre Skulptur „Erdsäule“ ist sogar Teil der Straße der Skulpturen in St. Wendel. Für das Saarbrücker „Steinbuch“ wäre zu wünschen, dass dieses Kunstwerk, das Kunst so unmittelbar sichtbar und erlebbar macht, von allen Kraftfahrzeugen und Begrenzungspollern befreit wird.

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