Sonderpreis des Sponsor-Clubs Könnerin ohne „Jetzt komm ich“-Attitüde

Saarbrücken · Christiane Motter wurde für ihren furiosen Medea-Monolog ausgezeichnet und ist ab Samstag am Staatstheater in „Hexenjagd“ zu sehen.

 Mit einem Monolog von Heiner Müller glänzte Christiane Motter in der „Medea“-Produktion des Saarländischen Staatstheaters in der letzten Spielzeit.   Für diese Leistung wurde eigens ein Sonderpreis des Sponsorclub-Preises kreiert.

Mit einem Monolog von Heiner Müller glänzte Christiane Motter in der „Medea“-Produktion des Saarländischen Staatstheaters in der letzten Spielzeit.   Für diese Leistung wurde eigens ein Sonderpreis des Sponsorclub-Preises kreiert.

Foto: SST/ANDREA KREMPER

Manchmal dauert es einen Moment, bis man sie auf der Bühne erkennt. Weil Christiane Motter eine dieser wandlungsfähigen Schauspielerinnen ist, die scheinbar regelrecht reinkriechen können in eine Rolle. Aber wenn man sie dann erkannt hat, denkt man: Ja, klar, natürlich, die Motter, wieder mal richtig gut.

Sie ist eine schimmernde Perle im Schauspiel-Ensemble des Saarländischen Staatstheaters. Sie kann zart und kann laut, sie kann richtig gut singen, hat aber nie diese pompöse „Jetzt komm ich“-Attitüde. Sie reiht sich ein in ein Ensemble und glänzt damit nur umso mehr. Und das glücklicherweise schon über 15 Jahre – was bedeutet, dass sie unkündbar ist, uns also hoffentlich erhalten bleibt.

Gerade hat sie für ihren Monolog des Medea-Textes von Heiner Müller den Sonderpreis des Staatstheater-Sponsorclubs bekommen. „Es hat mich wahnsinnig glücklich gemacht, dass extra für diese Arbeit ein Sonderpreis kreeirt wurde“, sagt sie und scheucht freundlich eine Wespe aus den Resten ihrer Johannisbeer-Schorle. Zum Gespräch ist sie von den Proben für Athur Millers „Hexenjagd“ an den Schlossplatz gekommen. Viel Zeit hat sie nicht. Die neue Theatersaison ist gerade gestartet, am Samstag hat „Hexenjagd“ Premiere.

„Diese Arbeit an der Medea war für mich eine großartige Erfahrung“, erzählt sie. Die Auseinandersetzung mit der tragischen Mutter-Figur („wir haben vieles selbst entwickelt“) und die Idee, Sparten-übergreifend zu arbeiten, machten den künstlerisch herausragenden, dreiteiligen Medea-Abend auch für die Darsteller zu etwas Besonderem. „Und in einer Oper mitzuwirken, war etwas ganz Neues, Spannendes für mich.“

Etwas ganz  Neues hätte Christiane Motter auch vor zwei Jahren wählen können. Als Dagmar Schlingmann als Intendantin nach Braunschweig wechselte, nahm sie ja fast das gesamte Schauspiel-Ensemble mit, und sie hätte auch Christiane Motter gern engagiert. „Aber wir haben uns als Familie dagegen entschieden.“ Nach reiflicher Überlegung.

Motters Ehemann, der frühere SST-Schauspieler Jan-Aiko zur Eck, hätte als freier Coach zwar überall arbeiten können. Aber Söhnchen Anton war gerade erst in die Schule gekommen. Und die Familie fühlt sich im Saarland wohl. Nach langem Zögern – sie ist ein freundlicher Mensch und will die Niedersachsen nicht beleidigen –, meint sie dann noch: „Ich würde Saarbrücken Braunschweig jederzeit vorziehen“.

Das heißt nicht, dass sie nicht eines Tages, doch noch woanders  hingehen würde. Diese innere Freiheit, „dieses kleine Kämmerchen in mir“, wie sie sagt, braucht sie. Obwohl oder auch gerade weil sie jetzt unkündbar ist am SST. Und noch dazu zur Staatsschauspielerin geadelt wurde.

Bauchweh, sagt sie, hatte sie schon, als sie sich seinerzeit fürs Bleiben entschieden hatte und noch nicht wusste, was mit dem neuen Intendanten Bodo Busse auf sie zukommen würde. „Ich war gewohnt, in einer  harmonischen und kreativen Umgebung zu arbeiten. Ich hatte Angst, das zu verlieren“.

Denn Christiane Motter ist jemand, der gern tief in ihre Rollen eintaucht und dafür den guten Kontakt mit anderen braucht. „Ich suche den Kern der Figur“, sagt sie. Jeder Figur gebe sie ein Stückchen von sich, „aber ich zeige nicht, welches“. Wahrhaftigkeit ist ein Begriff, der ihr da wichtig ist. Und wohl nicht nur auf der Bühne.

Generell wünscht sie sich auch vom Theater als  Gesamtes klare Positionierung. Auch und vor allem in der aktuellen politischen Entwicklung, die ihr  Sorge bereitet. „Kunst und Kultur kann etwas bewegen“, ist sie überzeugt. Aktionen des SST zur Europawahl etwa und Schauspiele wie „Hexenjagd“ und das Fridays-for-Future-Stück „Hoffnung“, das just Premiere hatte, das sind für sie wichtige Bausteine. „Wir müssen viel mehr nach außen gehen“.

51 Jahre ist die Schauspielerin nun. Das sieht man ihr nicht an, aber es hat Einfluss auf ihre Rollen. „Es war ein sehr plötzlicher Wandel und Wechsel“ sagt Christiane Motter und zeigt ein feines Lächeln. „Da wir bei Dagmar Schlingmann ein älteres Frauen-Ensemble waren, habe ich noch viele junge Frauen gespielt. Seit zwei Jahren bin ich jetzt ins  Mutterfach gewechselt“.

Das macht ihr weiter kein Kopfzerbrechen, aber sie fände es toll, wenn mehr Stücke mit älteren Frauen-Rollen gespielt würden.  „Kirschgarten“, „Virginia Woolf“ fallen ihr spontan ein. Wer sie als Blanche in „Endstation Sehnsucht“ erlebt hat – sie spielte diese Figur bis an die Schmerzgrenze berührend –, hat da sofort Bilder vor Augen.

Dass sie sich vor zwei Jahren für Saarbrücken und das Staatstheater entschieden hat, hat sie jedenfalls nicht bereut. „Weil wieder ein tolles Ensemble entstanden ist.“

 Mit ihrer Familie hat sich Christiane Motter dafür entschieden, in Saarbrücken zu bleiben.

Mit ihrer Familie hat sich Christiane Motter dafür entschieden, in Saarbrücken zu bleiben.

Foto: Martin Kaufhold/SST/martinkaufhold.de

„Hexenjagd“ hat am Samstag, 14. September, 19.30 Uhr, Premiere im Großen Haus des Saarländischen Staatstheaters. Karten: (06 81) 3092-486.

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