Stadtgeschichte: Die Römer in Saarbrücken Spektakulär, aber kaum beachtet

Saarbrücken · Für viele Saarbrücker ist „Römerkastell“ eine Haltestelle. Die wenigsten wissen, dass dort ein römischer Verkehrsknotenpunkt war.

 Ein Graffito gegenüber der Saarbahn- und Bushaltestelle „Römerkastell“ weist auf die historische Bedeutung des Ortes hin. Die Stadtwerke haben es anbringen lassen.

Ein Graffito gegenüber der Saarbahn- und Bushaltestelle „Römerkastell“ weist auf die historische Bedeutung des Ortes hin. Die Stadtwerke haben es anbringen lassen.

Foto: BeckerBredel

Die Denkmalschützer waren entzückt. Dass sie beim Graben am Römerkastell irgendetwas finden würden, sei klar gewesen, aber die Sache mit dem Skelett und den mysteriösen genagelten Schuhen an seinen Füßen hat dann doch alle Erwartungen übertroffen. Der Leiter des Landesdenkmalamtes, Josef Baulig, sprach an jenem trüben Herbstmorgen vor sieben Jahren sogar davon, dass „die Geschichte Saarbrückens zwar nicht vollständig neu geschrieben, aber doch umgeschrieben werden muss“.

Die Römer haben mit dem Kastell, also einer Art Festung, eine Straßenkreuzung, also eine offenbar nicht ganz unwichtige Handelsroute abgesichert. Dort, wo man heute nur noch einige Steine sieht, kreuzten sich zwei Fernstraßen: die zwischen Metz und Mainz und die zwischen Straßburg und Trier. Die Funde, die bei der Routinegrabung 2009  ans Licht kamen, ließen die Ergebnisse der Grabungen von 1925 und in den 60er Jahren allerdings in einem neuen Licht erscheinen. Denn die Archäologen legten nicht nur das Skelett eines Römers frei, sondern eine größere römische Straße als bisher vermutet worden war.

 63 Meter Straße wurden 2009 freigelegt. „Es war wohl so, dass die Römer da große Pläne hatten, sie aber nicht umsetzen konnten“, vermutete Baulig. Warum sich der Siedlungsschwerpunkt später ganz weg aus dieser Ecke des heutigen Saarbrückens ins heutige St. Johann und Alt-Saarbrücken verlagert hat, ist nicht klar. Aber es wird vermutet, dass die Römer einer Gewalt wichen, die auch den heutigen Saarbrückern bekannt ist: dem Hochwasser.

Der Fund wirft weitere Fragen auf: Warum hat man diesen Menschen mit Schuhen begraben? Warum sind diese Schuhe genagelt? „In spätrömischen Körpergräbern gab es oft Schuhe als einzige Grabbeigabe – vor allem im nordgallischen Bereich“, erklärt Adler. „Was es mit den Schuhen auf sich hat, wissen wir aber nicht“, sagte der Archäologe Professor Wolfgang Adler ein Jahr nach dem Fund. Und wieso die Schuhe dieses Römers genagelt waren, schon gar nicht. Klar ist nur, der Mensch, der im Osten des heutigen Saartbrücken begraben wurde, hat kleine Füße: Schuhgröße 36. Die Schuhe wurden restauriert und kamen ins Museum für Vor- und Frühgeschichte am Saarbrücker Schlossplatz.

Im Frühjahr wurde nun wieder gegraben. An fünf verschiedenen Stellen wurden dafür ungefähr einen Meter tiefe Gräben ausgehoben, Mauerflächen freigelegt, Funde registriert und Befunde dokumentiert. Und wieder gab es aus Sicht des Grabungsteams „eine kleine Sensation“. „Wir haben hier das römische Fundamentmauerwerk eines Kastells in unmittelbarer Nähe des römischen Vicus. An wenigen Stellen wurde das Fundament nicht gestört, es ist relativ unberührt. Daher können wir noch tiefer graben, unter die römischen Mauern, und können dann sehen, ob es hier vielleicht eine keltische Vorgängerstruktur gegeben hat. Das ist sehr spannend“, erklärte Josef Baulig, Leiter des Landesdenkmalamtes, diesmal.

 Linda Sagl legte im Oktober 2009 das Skelett mit den genagelten Schuhen bei Ausgrabungen in der Nähe des Römerkastells frei.

Linda Sagl legte im Oktober 2009 das Skelett mit den genagelten Schuhen bei Ausgrabungen in der Nähe des Römerkastells frei.

Foto: BeckerBredel
 Das Römerkastell, die Reste einer römischen Festung im Saarbrücker Osten, ist auch Station beim „Tag des offenen Denkmals“ gewesen.

Das Römerkastell, die Reste einer römischen Festung im Saarbrücker Osten, ist auch Station beim „Tag des offenen Denkmals“ gewesen.

Foto: Oliver Dietze/Römerkastell

Was mit den freigelegten Mauerwerken nach der Grabung passiert, ist noch nicht ganz klar. Eine Erweiterung der benachbarten Grünfläche mit den Resten des römischen Vicus wäre aber vorstellbar und wünschenswert, da sind sich die Archäologen einig.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort