Saar-Uni-Soziologe warnt vor Corona-Stimmungsumschwung „Eine Seuche kann man nur kollektiv bekämpfen“

Interview | Saarbrücken · Warum ist von der Welle der Solidarität, die zu Beginn der Pandemie durchs Land wogte, heute kaum mehr etwas zu spüren? Für den Soziologen Professor Wolfgang Meyer von der Universität des Saarlandes sind die Solidaritäts-Bekundungen vor einem Jahr wie ein durch Schock ausgelöster Schluckauf auf dem längst eingeschlagenen Weg in eine immer egoistischere Gesellschaft. In der Corona-Krise sieht der 61-Jährige aber gerade deshalb auch eine Chance – mit weitreichenden Folgen selbst für den Kampf gegen den Klimawandel.

Bilder der Solidaritätswelle vor einem Jahr
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Bilder der Solidaritätswelle vor einem Jahr

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Herr Professor Meyer, während des ersten Lockdowns vor einem Jahr gab es eine Welle der Solidarität mit dem Pflegepersonal, mit Lkw-Fahrern oder Kassiererinnen im Supermarkt. Heute ist von dieser Solidarität kaum noch etwas zu spüren. Gymnasiallehrer wollen früher geimpft werden, als es den Supermarkt-Angestellten zusteht, Kirchen wollten an Ostern nicht auf Präsenz-Gottesdienste verzichten (während Theater seit Monaten geschlossen waren) und der Impfstoff-Export in andere Länder wurde erschwert, um die Versorgung der eigenen Bevölkerung abzusichern. Wie erklären Sie diesen Wandel des Solidaritätempfindens?