Harald Schindel Sozialdezernent wegen Modefotos in der Kritik

Saarbrücken · Harald Schindel posiert weltweit für Fotografen. Die Oberbürgermeisterin findet das nicht gut. Sein Linken-Parteichef findet es ganz normal.

 Harald Schindel, fotografiert am 20. März.

Harald Schindel, fotografiert am 20. März.

Foto: BeckerBredel

Es gibt ein Foto, auf dem Harald Schindel aussieht wie Gott. Besser gesagt: wie die Variante von Gott, die Werbeleute gelegentlich verwenden, wenn sie eine höhere Instanz brauchen: strahlend weißer Anzug, grauer Bart, ein Blick zwischen strafend und doch irgendwie vergebungsbereit. Es ist eins der Fotos, die Oberbürgermeistrin Charlotte Britz (SPD) „kritisch“ sieht. Und das ist in diesem Fall kein ästhetisches Urteil. Den für Schindel ist Britz eine höhere Instanz. Sie ist die Chefin des städtischen Dezernenten für Bürgerdienste, Sicherheit, Soziales und Sport, der Harald Schindel auch ist – wenn er nicht irgendwo auf der Welt für Fotografen posiert.

Etwa an einem Pazifikstrand, an dem Harald Schindel, diesmal im schwarzen Anzug, barfuß und recht entspannt im Sand sitzt. Oder in Berlin, diesmal im knallroten Anzug.  Harald Schindel posiert für Profi-Fotografen rund um den Erdball, auf der „New York Fashion Week“ ebenso wie in den amerikanischen Red Mountains, in Los Angeles, Las Vegas, Berlin, Paris oder im Hafen von Reykjavik.

Diese Nebentätigkeit muss nur „angezeigt“, also der Oberbürgermeisterin mitgeteilt werden, sagt Stadtpressesprecher Thomas Blug. Charlotte Britz sei aber „hinsichtlich des Umfangs als auch der Inhalte kritisch“. Die Oberbürgermeisterin „ist der Meinung, dass der Dezernent für Bürgerdienste, Sicherheit, Soziales und Sport aufgrund der vielfältigen Aufgaben und Herausforderungen in seinem Dezernat vollkommen ausgelastet sein müsste“, teilt Blug mit.

Auch der Saarbrücker SPD-Landtagsabgeordnete Jürgen Renner, kritisiert Schindel. „Berlin, New York, Williamsburg – Herr Schindel sollte sich als hauptamtlicher Beigeordneter darüber klar werden, was den Schwerpunkt seiner Tätigkeit ausmacht“, schreibt er auf seiner Facebookseite. Und der SPD-Stadtverordnete Peter Bauer kommentiert das so: „Wenn Schindel mit Modeln Geld verdienen kann, müssen wir irgendetwas falsch machen.“

Die CDU, die Schindel mit der Führung seines Dezernats schon lange für überfordert hät, hielt sich gestern offiziell mit einer Kommentierung der Model-Nebentätigkeit wie andere Stadtratsparteien auch zurück.

Der Kreisvorsitzende der Linken, der Bundestagsabgeordnete Thomas Lutze, nahm Schindel in Schutz. Harald Schindel habe eine erlaubte Nebentätigkeit ordnungsgemäß gemeldet. „Ihm jetzt einen Vorwurf zu machen, weil er in seiner Freizeit nicht Briefmarken sammelt oder im Karnevalsverein Sitzungen vorbereitet, sondern sich fotografieren lässt, ist wenig souverän für eine Oberbürgermeisterin“, sagt Lutze. Wenn Britz Kritik an der Arbeit des Dezernenten üben wolle, „dann soll sie dies auf fachlicher Ebene im Rathaus machen“, rät er. Ihr „aktueller Vorwurf“ ziele „aber darauf hinaus, den Linken-Politiker in der Öffentlichkeit zu diskreditieren“. „Das geht gar nicht“, findet Lutze.

„Unser Dezernet ist nicht fehlerfrei“, räumt Lutze ein. „Aber auch die Oberbürgermeisterin ist nicht fehlerfrei. Und auch der Saarbrücker Bundestagsabgeordnete der Linken macht Fehler“, sagt er.

Harald Schindel selbst ließ eine Interviewanfrage gestern ebenso unbeantwortet, wie die Nachfrage, ob Bilder aus seiner Nebentätigkeit veröffentlicht werden können. An seiner Stelle teilte Stadtpressesprecher Thomas Blug mit, dass Schindel für die Fotografen nicht als städtischer Beigeordneter und Dezernent auftrete.  Auch weise er nicht darauf hin, dass er dieses Amt ausübt. „Er sieht seine Aktivitäten einzig allein als Hobby. Alle Bilder seien von anerkannten seriösen Fotografen erstellt worden. Er sieht keine moralischen Bedenken, da er bei allen Fotos großen Wert auf Ästhetik lege und diese weder die öffentliche Sicherheit noch die öffentliche Ordnung in irgendeiner Weise beruhen“, schreibt Stadtpressesprecher Blug.

„Nach Aussage von Harald Schindel“ seien „alle Bilder, sowohl national als auch international, entweder am Wochenende beziehungsweise während Urlaubszeiten entstanden – also in der Freizeit“, erklärt Thomas Blug. Die Amtszeit von Schindel endet im August 2020. Dann ist Schindel 59 Jahre alt und war 1zehn Jahre im Amt.

 Harald Schindel bei seiner Wahl zum Dezernenten im Stadtrat am 1. Dezember 2009. l

Harald Schindel bei seiner Wahl zum Dezernenten im Stadtrat am 1. Dezember 2009. l

Foto: BeckerBredel
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