Im Dritten Reich umgebracht Was die Kirche dazu brachte, jetzt die Seligsprechung des Saarbrücker Widerstandskämpfers Willi Graf zu prüfen

Saarbrücken/München · Sein Name ist eng mit dem Widerstand gegen die Nazi-Diktatur der Studentengruppe Weiße Rose in München verbunden. Wie viele ihrer Mitglieder wurde auch Willi Graf rechtswidrig hingerichtet. Nun begann das Verfahren einer möglichen Seligsprechung des Saarbrückers. Was gab den Ausschlag für diesen Schritt, der aufwendige Untersuchungen nach sich zieht?

Umgebrachter Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime aus Saarbrücken: Willi Graf

Foto: Fotoarchiv Anneliese Knoop-Graf

Die Weiße Rose: Diese hauptsächlich von Studenten getragene Verbindung steht als Sinnbild des Widerstandes gegen die Terrorherrschaft im Dritten Reich. Mit Flugblättern, in denen auf die Gräueltaten des Regimes hingewiesen wurde, machte die Gruppe um die Geschwister Sophie und Hans Scholl auf sich aufmerksam.

Die nationalsozialistischen Machthaber verfolgten die gegen sie gerichteten Aktionen. Im Februar 1943 flog die Widerstandsgruppe auf. Zahlreiche Mitglieder wurden zum Tode verurteilt, neben Sophie und Hans Scholl auch Willi Graf. Der Richterspruch gegen den Saarbrücker fiel am 19. April 1943 vor dem Volksgerichtshof. Mit 25 Jahren starb Graf, er wurde am 12. Oktober 1943 enthauptet.

Viele Einrichtungen, darunter zahlreiche Schulen, tragen bis heute im Gedenken den Namen dieses Widerstandskämpfers, der 1918 im Rheinland zur Welt kam, mit seinen Eltern 1922 nach Saarbrücken zog und dort nach seiner Hinrichtung auch begraben wurde.

Jetzt nimmt sich die katholische Kirche des Mannes an, der für seine Überzeugung sterben musste. Und genau das ist auch der Grund, an dem das Erzbistum München und Freilassing ansetzt. Voruntersuchungen zu einer Seligsprechung laufen.

Willi Graf: ein Märtyrer im Kampf gegen das NS-Regime

So stehe Graf „im Ruf [...], das Martyrium gerade auch wegen seiner gläubigen Haltung als Katholik in der NS-Zeit auf sich genommen zu haben“, schreibt Ursula Hinterberger von der bischöflichen Pressestelle auf SZ-Anfrage zur Begründung. Das bedeutet: Willi Graf gilt unabhängig einer möglichen Seligsprechung bei vielen schon als Märtyrer.

Die Initiative dazu kam allerdings nicht von der Amtskirche. Demzufolge sollen „mehrere Einzelpersonen [...] den Antrag auf Eröffnung eines Seligsprechungsverfahrens gestellt“ haben, informiert die Sprecherin.

Der Weg hin zu einer Seligsprechung ist äußerst kompliziert. Mehrere aufwändige Schritte sind dazu vorgesehen. Diese werden sowohl in diesem konkreten Fall in München als auch im Vatikan verfolgt.

Das Verfahren hin zu einer möglichen Seligsprechung

Aufgabe sei es nun, dass die Historische Kommission des Bistums Dokumente über Willi Graf sammelt. Dazu gehe es unter anderem in Archive, um dort nach ihm zu recherchieren. Theologische Gutachter sollen dann die zusammengetragenen Informationen einschätzen.

In einem weiteren Schritt kommen Zeugen zu Wort, wie Hinterberger mitteilt. All diese Protokolle erhalte im Anschluss die Kongregation für Selig- und Heiligsprechung, eine römisch-katholische Zentralbehörde in Rom. Deren Vertreter prüfen abermals, wie stichhaltig die Unterlagen sind.

Dieses gesichtete und bewertete Material ist Grundlage für eine „ausführliche Arbeit über Will Graf“. Ist diese verfasst, muss sie noch genehmigt werden. Jetzt erst kann ein Dekret (Erlass) folgen, der die Seligsprechung ermöglicht.

Wie lange es dauert, bis all diese Schritte vollführt sind? Dazu nochmals die Pressesprecherin in München: „Aufgrund dieses komplexen Prozesses kann man keine präzisen zeitlichen Angaben zur Verfahrensdauer machen.“ Nach Expertenauskunft kann sich dieser aber über etliche Jahre hinziehen.

Übrigens: An der Spitze des Verfahrens sitzt Münchens Erzbischof Reinhard Kardinal Marx. Ihm zur Seite unter anderem: Vernehmungsrichter und Mitarbeiter der bereits erwähnten Kongregation.