„Wir brauchen mehr Vertrauen“

St. Johann · Der Integrationsbeirat der Stadt wird 25. An diesem Mittwoch feiert er das Jubiläum um 19 Uhr im Festsaal des Rathauses St. Johann. Über die Arbeit des Beirats und das „Welcome-Center“ unterhielt sich SZ-Redaktionsmitglied Patricia Müller mit dem Sprecher Ivan Iliev.

 Ivan Iliev, Sprecher des Integrationsbeirats. Foto: Oliver Dietze

Ivan Iliev, Sprecher des Integrationsbeirats. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Herr Iliev, fühlen Sie sich in Saarbrücken gut integriert?

Ivan Iliev: In Saarbrücken lebe ich mit den positiven und auch negativen Erfahrungen. Und an allem, was hier in der Stadt passiert, versuche ich teilzunehmen. Die Stadt ist in meinem Herzen. Saarbrücken ist meine zweite Heimatstadt, Sofia ist meine erste Heimat, dort bin ich geboren.

In einer Studie, die der Integrationsbeirat in Auftrag gegeben hatte, ist die Rede davon, dass Politik für manche Migranten zu abstrakt sei und sie daher wenig motiviert seien, politisch aktiv zu werden. Können Sie das nachvollziehen?

Iliev: Ich würde das nicht sagen. Das ist nicht der Grund. Der Grund ist vielleicht, dass die Leute etwas ganz Praktisches als Ergebnis erwarten und nicht nur sprechen und in Podiumsdiskussionen über die Probleme reden wollen, was sehr oft passiert. Am Ende gehen alle mit einem Lächeln nach Hause, obwohl es nur sehr wenige oder keine Ergebnisse gibt.

Warum gibt es wenige oder keine Ergebnisse?

Iliev: Das liegt meiner Meinung nach in dem gesetzlichen Rahmen des Beirats. Er kann nur eine Rolle als Ratgeber einnehmen. Das ist alles. Deshalb brauchen wir mehr Vollmacht und mehr Vertrauen. Wir sind nicht hier, um eine politische Karriere zu verfolgen. Wir wollen irgendwie helfen. Aber unsere Hände sind gebunden.

Wie zufrieden sind Sie mit der Umsetzung Ihrer politischen Anregungen im Stadtrat?

Iliev: Auf der einen Seite ist die Idee des Integrationsbeirates sehr gut. Auf der anderen Seite hat der Integrationsbeirat sehr wenig Vollmacht. Das ist ein Ziel. Wir wollen nicht nur ein formales Organ sein, wir wollen effektiv etwas machen. Bisher ist das schwierig, um ehrlich zu sein. Ich glaube, dass wir Änderungen brauchen. Unsere Ziele müssen in drei Richtungen gehen. Eine Richtung ist Arbeit für die Ausländer . Denn Integration ohne Arbeit ist keine richtige Integration. Als zweites müssen sie Wohnungen finden. Besonders für Studenten ist es ganz schwierig und teuer. Und dann gibt es Leute, die wollen keine Mieter mit anderer Hautfarbe. Das ist ein Problem. Und als Drittes: Deutschland ist ein Land mit vielen Gesetzen und Regeln - Ausländer kennen sich nicht aus. Es ist ein Labyrinth, ich kann das bezeugen. Ich wusste nichts, als ich angekommen bin. Ich habe erst im dritten Jahr erfahren, dass es Hilfe etwa von der Caritas und dem Diakonischen Werk gibt. Man weiß nicht, was man machen muss.

Was ist das nächste Ziel des Integrationsbeirates?

Iliev: Wir glauben, dass es sehr wichtig sein wird, ein "Welcome-Center", eine Anlaufstelle für Neuankömmlinge, in Saarbrücken einzurichten, weil die eben genannten ersten Schritte sehr wichtig für Ausländer sind. Wir entwickeln diese Idee und wir versuchen, sie ganz konkret zu machen. Es gibt Leute, die uns sagen, es gibt schon viele, die das machen. Aber wie sollen die Leute wissen, wenn sie aus Syrien, Pakistan oder Malawi kommen, dass es diese Institutionen gibt? Es muss ein universales Projekt geben, mit Werbung am Flughafen, an Haltestellen und am Hauptbahnhof, damit Ausländer wissen, wo sie hingehen müssen, wenn sie Informationen zu Arbeit, Wohnen und zur gesetzlichen Orientierung brauchen.

Wie haben Sie es damals geschafft zurechtzukommen?

Iliev: Ich habe verschiedene Leute gefragt. Viele sagten ‚ich weiß es nicht‘. Und dann macht man verschiedene Schritte und einige sind falsche Schritte. Am Anfang ist es ganz schwierig.

Zum Thema:

Ivan Iliev ist Sprecher des Integrationsbeirates der Stadt Saarbrücken. Er stammt aus Bulgarien und kam 2008 nach Deutschland. Der Sprachlehrer spricht Englisch, Russisch, Serbisch, Italienisch, Spanisch und Kroatisch. Der Integrationsbeirat vertritt in Saarbrücken die politischen Interessen der ausländischen Bevölkerung. pam

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort