Streit um Schulweg-Sicherheit

St Johann · Wichtigstes Anliegen der Eltern: Sie wünschen sich Teerwülste auf der Straße vor dem Zebrastreifen Im Sauerbrod. Die Stadt meint, solche Wülste seien nicht nötig und würden nur Lärm verursachen.

 Am Zebrastreifen Im Sauerbrod: (v.r.) Brenda, Charlotte, Matteo und Julian signalisieren, dass sie über die Straße wollen. Ihre Eltern sagen: Viele Autofahrer benutzen diese Straße als Abkürzung von der A 623 in die City – sie haben es eilig und halten nicht. Foto: Iris Maurer

Am Zebrastreifen Im Sauerbrod: (v.r.) Brenda, Charlotte, Matteo und Julian signalisieren, dass sie über die Straße wollen. Ihre Eltern sagen: Viele Autofahrer benutzen diese Straße als Abkürzung von der A 623 in die City – sie haben es eilig und halten nicht. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

"Eklatante Missstände" bis hin zur "Lebensgefahr " herrschen auf den Schulwegen Am Homburg - sagt SZ-Leser Stefan Funk. Er spricht für sechs Familien, deren Kinder die Max-Ophüls-Grundschule am Ende der Knobelsdorffstraße besuchen. Bereits im Herbst 2014, so erklärt Funk, haben sich die Eltern an die Stadt gewandt. Und beim Ortstermin seien auch die Behörden-Vertreter zu dem Ergebnis gekommen, "dass es konkrete Gefahren für die Kinder gibt". Die Stadt habe "Abhilfe versprochen". Doch außer "Kosmetik " sei nichts geschehen. Weitere Nachfragen der Eltern habe die Stadt "nicht oder ausweichend" beantwortet.

"Bislang nur Kosmetik "

Funk liefert zwei Beispiele für die Missstände. Nummer eins: "In der Straße Im Sauerbrod gibt es einen Zebrastreifen, der von vielen Kindern benutzt wird. Allmorgendlich ist festzustellen, dass überdurchschnittlich viele Autofahrer dort nicht halten, obwohl Kinder am Rand stehen und mit Winken auf sich aufmerksam machen."

Der Grund dafür - so meint Funk - sei die Tatsache, dass viele Autofahrer , die von der A 623 in die City wollen, den Homburg als Abkürzung missbrauchen und viel zu schnell durch die 30er-Zone rauschen. Folge laut Funk: "Der Fußgängerüberweg kann von Kindern nur unter Lebensgefahr benutzt werden." Eva Rupp aus der Elterninitiative bestätigt: "Wenn Erwachsene am Zebrastreifen stehen, halten viele Autos, aber wenn dort nur Kinder warten, fahren die meisten durch. Sogar ich selbst wurde kürzlich beinah gerammt." Funks zweites Beispiel: "In der schmalen Knobelsdorffstraße, dem letzten Teil des Schulweges für nahezu alle Kinder, gibt es kein Trottoir, nur einen lehmigen Weg entlang der Fahrbahn. Der ist bei Regen matschig. Also gehen die Kinder auf der Fahrbahn." Beim Ortstermin, so berichtet Funk, habe die Stadt "in Aussicht gestellt", dass sie den Weg befestigt.

Die SZ erkundigte sich bei der Stadt nach deren Sicht der Dinge. Stadt-Sprecher Thomas Blug erklärt, bereits 2010 habe die Stadt die Schulwege Am Homburg unter die Lupe genommen. Wo es nötig war, habe die Stadt den Verkehr neu geregelt. Blug: "Danach haben Schulleitung und Eltern den Schulwegeplan erstellt."

Als sich im Herbst 2014 ein Vater beklagte, habe die Stadt - weil sie solche Hinweise "sehr ernst nimmt" - am 19. November eine Delegation auf den Homburg geschickt, um sich die "Gefahrenpunkte" anzusehen und mit den Eltern nach Lösungen zu suchen. Blug versichert: "Der Zebrastreifen Im Sauerbrod ist in gutem Zustand." Er sei klar beschildert und mit zwei Blinklichtern ausgestattet. Wo sich die Fußgänger aufstellen, seien die Bürgersteige verbreitert und weithin sichtbar mit Pfosten markiert.

Die Polizei habe an drei Werktagen jeweils von 7.30 bis 8 Uhr den Zebrastreifen überwacht. Ergebnis: An zwei Tagen hielten "in je fünf Situationen alle Fahrzeuge an, um Kinder über die Straße zu lassen". Am dritten Tag, hielten die Autos in vier Fällen an, in drei Fällen nicht. Kein einziges Auto sei mit "deutlich überhöhter Geschwindigkeit" angekommen.

Unwesentlich über Tempo 30

Zusätzlich habe das Ordnungsamt 2014 knapp 20-mal Im Sauerbrod in Fahrtrichtung City Tempo gemessen. Ergebnis: Nur 17 Prozent der Autos waren zu schnell - und alle nur unwesentlich über Tempo 30. Trotzdem, verspricht Blug, werde das Amt weiter kontrollieren und: "Wir werden auch die Polizei bitten, den Verkehr weiter zu überwachen." Außerdem wolle das Ordnungsamt mit den Eltern darüber reden, ob sie nicht einen Schülerlotsendienst einrichten könnten.

Nur die Befestigung der Gehwege in der Knobelsdorffstraße - so räumt Blug ein - sei derzeit nicht vorgesehen. Aber das Straßenamt werde diese Wege immer wieder so instand setzen, "dass sie gefahrlos begehbar sind". Blug: "Anfang Mai 2015 konnten keine Löcher oder Ausspülungen festgestellt werden." Im Schulwegeplan sei ohnehin nur das letzte Stück der Knobelsdorffstraße als Schulweg ausgewiesen. Der offizielle Weg führe durch die parallel verlaufende Hauberrisserstraße.

Die Eltern hätten gern, dass die Stadt auf der Straße zu beiden Seiten des Zebrastreifens Im Sauerbrod Teerwülste (Aufpflasterungen) anbringt, damit die Autofahrer vor dem Zebrastreifen bremsen müssen. Einige Eltern würden sich sogar an den Kosten beteiligen. Aber die Stadt sagt: Das ist nicht nötig, denn Im Sauerbrod fahren die Autos - im Vergleich zu anderen Stellen - relativ diszipliniert. Außerdem verursachen solche Wülste zu viel Lärm.

Meinung:

Gebt den Leuten, was sie wollen

Von SZ-RedakteurJörg Laskowski

Liebe Stadtverwaltung, also Tempo-Kontrollen und Ortstermine in allen Ehren - aber ein bisschen riecht's hier auch nach Sparsamkeit am falschen Ende. Und das haben wir doch gar nicht nötig. Gell. 2012 schworen Bürgermeister Ralf Latz und der frühere Stadtkämmerer Erich Schermer: Saarbrücken kann nicht pleitegehen, Saarbrücken ist ja "triple a" - also finanziell unsinkbar. Obwohl die Rating-Agentur Fitch damals schon was ganz anderes sagte. Aber egal. Den Kredit für ein paar Teerwülste auf der Straße vor dem Zebrastreifen Im Sauerbrod - den kriegen wir auf alle Fälle. Dann sind die Kinder sicherer und die Eltern beruhigt. Und die Wülste sind auch nötig. Denn der Zebrastreifen liegt auf einer Kuppe. Die weißen Balken sieht man erst, wenn man mit dem Auto schon kurz davor ist. Und zwar aus beiden Richtungen. Sicher, da sind auch zwei weithin sichtbare Hinweisschilder mit Blinklicht drauf. Aber mal ehrlich: Die meisten Autofahrer registrieren einen Zebrastreifen erst bewusst, wenn sie die weißen Balken auf der Straße sehen. Sicher, am Rand des Bürgersteiges sind rot gestreifte Poller. Aber ich selbst war in Saarbrücken Zeuge eines Unfalls, bei dem ein Autofahrer ein Kind gerade deshalb übersehen hat, weil es von Pollern verdeckt war. Sicher, auch andere Eltern werden solche Teerwülste auf dem Schulweg ihrer Kinder verlangen. Aber das ist für uns mit unserem "triple a" doch wohl ein Klacks. Und was den Lärm angeht, da wollen wir uns nichts vormachen: Wenn der Deutsche mal über einen Teerwulst gerumpelt ist, fährt er beim zweiten Mal so behutsam drüber, dass da fast nichts mehr zu hören ist. Warum? Tja, weil der Deutsche Angst um sein Auto hat. Verständlich. Denn die meisten von uns sind ja nicht "triple a".

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