City-Einzelhandel Online-Kauf macht Händlern zu schaffen

Saarbrücken · Verkaufsflächen werden reduziert, Läden stehen leer: Die Auswirkungen des Online-Handels sind in Saarbrücken nicht zu übersehen.

 So sehen die Saarbrücker Einzelhändler die Bahnhofstraße am liebsten: proppenvoll mit kauflustigen Kunden.

So sehen die Saarbrücker Einzelhändler die Bahnhofstraße am liebsten: proppenvoll mit kauflustigen Kunden.

Foto: Iris Maurer

Noch ist die Saarbrücker Bahnhofstraße eine lebendige Einkaufsmeile. Noch. Selbstverständlich ist das nicht. Es sind die vielen großen und kleinen Läden, die Kundschaft anlocken und der Straße wie der Stadt Leben einhauchen. Doch  das muss nicht so bleiben. Wie der Einzelhandel der Zukunft aussehen könnte und sollte, war Thema einer Podiumsdiskussion, zu der die Saarbrücker Casino-Gesellschaft eingeladen hatte.

Derzeit gebe es rund 38 000 Mitarbeiter im saarländischen Einzelhandel, sagt Fabian Schulz, Vorsitzender des saarländischen Einzelhandelsverbands. Zuletzt erwirtschaftete die Branche im Saarland einen Umsatz von 5,3 Milliarden Euro, sagt Schulz. Gleichzeitig beklagt er, dass „traditionelle Familienunternehmen aus den Innenstädten verschwinden“. Grund sei der Rückgang der Kundenfrequenz, das heißt: Es kommen einfach weniger Leute in die Stadt, um dort einzukaufen. Viele bevorzugen mittlerweile den Einkauf über Internet. Jürgen Barke, Staatssekretär im saarländischen Wirtschaftsministerium, verweist auf eine Studie, die der Saarbrücker Wirtschaftsprofessor Joachim Zentes vor einigen Jahren erstellt hat. Zentes rechnete damals schon mit Umsatzeinbußen von 25 Prozent im stationären Handel.

Max Schoenberg, Vorsitzender des Saarbrücker Vereins für Handel und Gewerbe, nennt weitere Zahlen. In seiner Branche, dem Schuh-Handel, habe es im Jahr 2010 bundesweit noch rund 5000 Läden gegeben, 2015 seien es nur noch 4200 gewesen. Von den rund 500 Milliarden Euro Umsatz im Handel gingen inzwischen zehn Prozent auf das Konto des Online-Geschäfts, sagt Schoenberg. Und der Anteil des Online-Handels wachse stetig, nicht nur bei Schuhen, sondern auch bei Kleidung, Lebensmitteln und Medikamenten. Aufhalten könne man den Trend nicht. „Der Buchhandel hat das alles schon hinter sich“, sagt Schoenberg. Jammern helfe nicht, man müsse sich der Zukunft stellen, denn „der lokale Handel kann nicht weglaufen“, sagt Schoenberg. „Chancengleichheit“ fordert er an die Adresse von Staatssekretär Barke. „Der Ausbau digitaler Leitungen mit Steuergeldern hilft Unternehmen wie Amazon. Brücken und Straßen sind aber genauso wichtig wie Datenautobahnen, um Kunden in die Stadt zu bringen“, sagt Schoenberg.

Barke dagegen verweist auf die Interessenkonflikte, die die Politik managen müsse: „Die Leute wollen auch saubere Luft und wenig Lärm, das sind auch berechtigte Interessen, die es bei der Gesamtlage zu berücksichtigen gilt.“

Genau darum wurde bei der Diskussion auch engagiert darüber gestritten, ob Saarbrücken wirklich eine Veranstaltung wie die Deutschland-Rallye brauche. Vor einer Woche lockte der Prolog rund 12 000 Zuschauer an, tausende kamen allein aus Belgien, weil sie ihren Spitzenfahrer Thierry Neuville unterstützen wollten. Nun weiß man zwar nicht, wie viele davon in der Landeshauptstadt übernachtet haben, doch kann man vermuten, dass Handel, Gastronomie und Hotellerie von dem Besucherstrom profitieren konnten.

Grund genug für den CDU-Landtagsabgeordneten Peter Strobel, solche Projekte zu unterstützen. „Wir brauchen eigentlich jede Woche so eine Veranstaltung wie die Rallye“, sagte Strobel. Und weiter: „Saarbrücken steht im Prinzip für nichts, es gibt keine richtige Marke Saarbrücken. Wir haben von allem ein bisschen.“ Um Kunden in die Stadt zu locken, schlägt Strobel vor, den Tbiliser Platz vor dem Staatstheater im Advent als kostenlosen Parkplatz anzubieten. Ob solche Maßnahmen das Geschäft ankurbeln würden, kann man hinterfragen.

 Jürgen Barke, Staatssekretär im Saar-Wirtschaftsministerium.

Jürgen Barke, Staatssekretär im Saar-Wirtschaftsministerium.

Foto: Dirk Guldner / www.foto-guldner./Dirk Guldner/www.foto-guldner.de
 Max Schoenberg, Vorsitzender des Saarbrücker Vereins Handel und Gewerbe

Max Schoenberg, Vorsitzender des Saarbrücker Vereins Handel und Gewerbe

Foto: BeckerBredel/bub/fb

In jedem Fall gilt aber der Satz vom Vorsitzenden der saarländischen Einzelhändler, Fabian Schulz, zum Kaufverhalten der Leute: „Der Kunde entscheidet, wann, wo und wie er einkauft. Und er mag es nicht, wenn man ihn bevormundet.“

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