Juden feiern ausgelassen Chanukka

St Johann · Mit dem Chanukka-Fest erinnern die Juden an die Einweihung des zweiten Tempels in Jerusalem vor langer Zeit. Sie feiern aber nicht alleine, sondern entzünden auch öffentlich Kerzen, damit viele Saarbrücker mitfeiern können.

 Mit Wunderkerzen beging die Synagogengemeinde in Saarbrücken am Donnerstagabend das Chanukka-Fest. Fotos: Iris Maurer

Mit Wunderkerzen beging die Synagogengemeinde in Saarbrücken am Donnerstagabend das Chanukka-Fest. Fotos: Iris Maurer

Außerhalb der Synagogenmauern klingt es ungewohnt, wenn Benjamin Chait, Kantor der jüdischen Gemeinde, mit hebräischen Gesängen die Zeremonie durchläuft. Dann zündet er die sechste Kerze der Chanukka , des achtarmigen Kerzenhalters in der Synagoge, an. Kaum hat er mit der Dienerkerze die Flamme am Docht entfacht, bricht um ihn herum ein frohes Fest los, an dem auch er gleich teilhaben wird. Wunderkerzen funkeln in den Händen der Umstehenden.

Die hebräischen Gesänge gehen weiter, jetzt aber nicht mehr liturgisch. Vielmehr erklingen fröhliche Weisen mit flotter Keyboardbegleitung unterlegt. "Hava, nagila, hava" ist da zum Beispiel zu hören. Eine kleine Gruppe bildet sich. Die Damen bilden einen Kreis, fassen sich an den Händen und tanzen. Wenig später brechen sie den Kreis auf, schlängeln sich in einer Reihe durch die Versammlung. Sie fordern erfolgreich dazu auf, sich ihnen anzuschließen.

Auch ein kleiner Imbiss darf nicht fehlen. Berliner und dazu Apfelglühwein mit oder ohne Alkohol. "Wichtig ist, dass es Fettgebackenes gibt, denn wir feiern unter anderem das Ölwunder", beginnt Kantor Chait seine Erklärungen zum Chanukka-Fest. Und obwohl - ähnlich wie im Advent - begleitet von Gesängen eine Kerze nach der anderen in einem bestimmten Zeitrhythmus angezündet wird, seien die christliche und jüdische Tradition nicht miteinander zu vergleichen.

 Auch vor der Synagoge in der Lortzingstraße entzündete am Donnerstagabend Kantor Benjamin Chait Kerzen.

Auch vor der Synagoge in der Lortzingstraße entzündete am Donnerstagabend Kantor Benjamin Chait Kerzen.

Das Fest geht auf die Einweihung des zweiten jüdischen Tempels in Jerusalem nach griechischer Knechtschaft im Jahre 165 vor unserer Zeitrechnung zurück, wie Chait ausführt. Weil das eindeutig ein freudiger Anlass ist, müsse auch das Chanukka-Fest ausgelassen und fröhlich sein. Damit kommt Chait zum Ölwunder: "Eigentlich hatte man damals nur noch so viel Öl, dass die Kerze nur einen Tag hätte brennen dürfen - sie tat es aber acht Tage lang." An einem bestimmten Tag des gregorianischen Kalenders ist das jüdische Fest nicht festzumachen, da es sich ähnlich wie Ostern nach dem Mondkalender richtet. Wie auch der Ramadan des Islam, der im Laufe der Jahre sogar durch den ganzen gregorianischen Kalender wandert. Das Fest der Juden "wandert" dagegen nur durch den Dezember. Chait erklärt das damit, dass es im jüdischen Kalender Schalttage und sogar einen 13. Monat, einen Schaltmonat gebe. Eine der acht Kerzenentzündungen feiere die Synagogengemeinde jeweils öffentlich. "Welche das ist, entscheiden wir spontan, verknüpfen das zum Beispiel mit Veranstaltungen in der Stadt, um möglichst viele Menschen zu erreichen", sagt Chait. Kulturdezernent Thomas Brück ist Zeuge der Zeremonie um das sechste Licht. Er sieht in der öffentlichen Veranstaltung ein wichtiges Zeichen: "Gerade in Zeiten des religiösen Fanatismus ist es wichtig, ein Zeichen der Versöhnung zu setzen."

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