Initiative „Ingos kleine Kältehilfe“ Gratis-Haarschnitt für Obdachlose

St Johann · Die Initiative „Ingos kleine Kältehilfe“ organisierte am Sonntag in Saarbrücken ein kostenloses Umstyling für Bedürftige.

 Die Sulzbacher Friseurinnen Christin Klein, Sina Schlachter und Heike Hermann (v.l.) schneiden drei Männern vor dem „Weltraum“ kostenlos die Haare. Foto: Ute Haupenthal

Die Sulzbacher Friseurinnen Christin Klein, Sina Schlachter und Heike Hermann (v.l.) schneiden drei Männern vor dem „Weltraum“ kostenlos die Haare. Foto: Ute Haupenthal

Foto: Ute Haupenthal

Der Haarschnitt ist längst rausgewachsen, der Blick in den Spiegel eher unerfreulich. Ein Friseurtermin muss her. Dringend. Ein Zustand, den wohl jeder schon einmal erlebt hat. Doch Menschen, die auf der Straße leben, die kein Geld für einen neuen Haarschnitt haben, erleben selten, wie gut es sich anfühlt, mit gestutztem Bart und frisch geschnittenen Haaren unterwegs zu sein. Die Initiative "Ingos kleine Kältehilfe" hat das am Wochenende geändert.

Auf dem Platz vor dem "Weltraum" wurden Stühle aufgestellt, dahinter reihte sich ein Friseur-Team. Dann hieß es, Haareschneiden im Minutentakt. Insgesamt 70 Obdachlose nahmen den kostenlosen Service im Freien in Anspruch. Einer von ihnen: der Obdachlose Jan. Von der Aktion erfahren hatte er, wie die meisten, über Flyer. Jan war nach seinem Haarschnitt kaum noch wiederzuerkennen. Unter dem Bart kam ein gut aussehender Mann zum Vorschein. "Wow" entfuhr es einer jungen Frau, die daraufhin zu ihm lief und ihn umarmte - offensichtlich seine Freundin. "Jetzt will ich auch die Haare schön haben" sagte sie und stellte sich zu den anderen Wartenden in die Schlange.

"Ich mag es nicht, wenn Menschen aus der Gesellschaft ausgegrenzt sind" sagte Friseurin Sina Schlachter. "Aus diesem Grund haben wir unseren Service gerne bei Ingos Kältehilfe angeboten. Die haben das ganz toll umgesetzt." Dann wird sie nachdenklich. "Dieser Tag war sehr berührend. Ich spreche da für alle. Wir haben viele tolle Persönlichkeiten kennengelernt, ganz viele schöne Gespräche gehabt und dadurch viel mehr zurückbekommen, als wir gegeben haben. Die Freude und die Dankbarkeit haben uns überwältigt. Wir werden das ganz sicher wiederholen, würden uns aber wünschen, dass wir nur die Ersten waren und sich vielleicht noch viel mehr Leute finden, die eine solche Aktion oder ähnliche Projekte regelmäßig anbieten oder unterstützen." Und eines nimmt sie nach dieser Aktion auf jeden Fall mit: "Da stecken oft sehr humorvolle und angenehme Menschen unter den langen Haaren", sagte sie.

Entstanden ist der Helferkreis um Ingo Wilke, der selbst einige Zeit auf der Straße leben musste, im letzten Oktober durch einen Aufruf nach Spenden von Schlafsäcken in einer Facebook-Gruppe. Innerhalb weniger Tage wurde daraus eine Gruppe von Helfenden und Unterstützern aus dem ganzen Saarland. In den kalten Wochen des Jahres bauten sie von Oktober bis Dezember und im März und April abwechselnd vor der Europa-Galerie oder der Johanneskirche ihre Tische auf. Dort wurden mal belegte Brote, mal heißer Eintopf, Tee und Kaffee serviert - und häufig auch etwas Süßes.

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