Erster Cinefonie-Tag in Saarbrücken

St Johann · Der Kultur- und Werkhof N.N. 19 wurde für viele Stummfilmfans am Samstag zur echten Fundgrube. Organisiert hatten den ersten Saarbrücker Cinefonie-Tag die Mitarbeiter des Retro-Film-Magazins „35 Millimeter“.

 Jörg Mathieu (links), Marcus Stiglegger und Germaine Paulus stöbern in Stummfilmen. Foto: Iris Maurer

Jörg Mathieu (links), Marcus Stiglegger und Germaine Paulus stöbern in Stummfilmen. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

Wer an Filmklassiker denkt, dem kommen Filme wie "Casablanca", "Frühstück bei Tiffany", "Der weiße Hai", "Ben Hur" und viele andere in den Sinn. Am Samstag beim 1. Saarbrücker "Cinefonie-Tag" aber ging es um andere Klassiker der Filmgeschichte: Stummfilme . "Nein, damit ist nicht ,Dick und Doof' gemeint, jedenfalls nicht nur", sagt Jörg Mathieu. Er ist Chefredakteur des Retro-Film-Magazins "35 Millimeter", das zu dem ungewöhnlichen Event in den Kultur- und Werkhof N.N. 19 in der Nauwieser Straße eingeladen hat. Es beschäftigt sich "mit den ersten siebzig Jahren Kino", wie Mathieu sagt.

Der Cinefonie-Tag in der Nauwieser Straße vereint Film und Musik. Es soll nicht nur den Stummfilm, sondern auch Saarbrücken in der Filmszene bekannter machen. Viele Aussteller haben kleine Stände mit den unterschiedlichsten Waren aufgebaut: handgearbeitete Filmfiguren, original Filmplakate, DVDs, Fachliteratur und Filmmagazine.

Musikalisch wird der Tag von der saarländischen Band "Dizzy Thang" gestaltet. Kurzfilme, die den ganzen Tag laufen, sorgen für die optische Untermalung. Nur zweimal pausieren Verkauf, Musik und Film: für die Vorträge des Filmwissenschaftlers Dr. Marcus Stiglegger und des Filmjournalisten Prof. Klaus Huckert, die einen fachlichen Einblick in unterschiedliche Aspekte von Film geben. Huckert referiert über Jazz im Film, Stiglegger über die filmischen Ursprünge typischer Motive der Gothic-Szene. Stiglegger kommt aus Mainz.

"Alle, die an dem Tag beteiligt sind, sind Freunde und Bekannte von mir. Das hat die Organisation vereinfacht. Einige sind extra aus anderen Bundesländern angereist", erklärt Jörg Mathieu im Hof, als er von einem mittelalten Herrn unterbrochen wird: "Ich habe gesehen, dass ihr drinnen ,Die kleinen Strolche' stehen habt. Ist das auch wirklich das Original aus den 20ern?" "Ja", sagt Mathieu und erklärt die Unterschiede zwischen Original und Remake der Kurzfilmserie. Für 25 Euro nimmt der Interessent sie mit.

Verhandelt wird bei solchen Preisen nicht mehr. "Ein super Angebot. Die Serie erinnert mich an meine Kindheit", sagt der Käufer zufrieden, der seinen Namen nicht nennen will. So wie ihm geht es vielen, die hierherkommen. Aber es seien nicht nur die Erinnerungen, die die Filme so faszinierend machten, sagt Mathieu: "Wenn ich mir einen Stummfilm anschaue, habe ich das Gefühl, dass sich da eine richtige Fundgrube öffnet, in der man jedes Mal etwas Neues entdecken kann." Mathieu beeindrucken vor allem die begrenzten technischen Möglichkeiten, die bei der Produktion zu einem großen Ideenreichtum geführt haben. Inhaltlich seien Stummfilme gar nicht so weit von modernen Filmen entfernt, erklärt er: "Es gibt Stummfilme , bei denen man Rotz und Wasser heult. Im Grunde war alles schon mal da: die Genres, die Themen, die Geschichten." Das geht so weit, dass der moderne Film Stummfilme neu aufgelegt hat, beschreibt Mathieu: "Von vielen Filmklassikern gibt es Vorläufer als Stummfilme , zum Beispiel von ,Ben Hur' oder ,Die zehn Gebote'." Trotzdem sei der Stummfilm für die meisten Menschen Neuland. "Wenn wir Leute dann davon begeistern können, freut mich das natürlich umso mehr." Dazu plant er bereits weitere, größere Events. Auf die Unterstützung seiner Freunde und Bekannten, da ist er sich sicher, wird er auch dann zählen können. Viele von ihnen sind zum ersten Mal im Saarland. "Denen zeigen wir heute Abend noch Saarbrücken - ganz nebenbei unser kleiner Beitrag zum Stadtmarketing."

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