Braune Brühe hinter Plexiglas

St Johann · Die größte sichtbare Schmutzwasserpumpstation der Landeshauptstadt ist das Pumpwerk Rosenstraße, 1926 errichtet. Interessierte erfuhren am vergangenen Samstag, was hier genau passiert.

 Hans-Jörg Friedrich (orange Jacke) führte durch das Pumpwerk.Foto: Becker&Bredel

Hans-Jörg Friedrich (orange Jacke) führte durch das Pumpwerk.Foto: Becker&Bredel

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Über ein gutes Zeitgespür verfügt Hans-Jörg Friedrich, Elektromeister in Diensten des Zentralen Kommunalen Entsorgungsbetriebes (ZKE) der Landeshauptstadt Saarbrücken. "Jeden Moment ist es so weit", sagt er bei der Führung durch die Pumpstation in der Rosenstraße.

Gebannt schauen seine Gäste durch eine in den Boden eingelassene Plexiglas-Scheibe in die Tiefe. Etwa neun Meter unter ihnen staut sich das, was die St. Johanner in den vergangenen Minuten durch ihre Abwasserleitungen gespült haben. Der dunkelbraune Farbton lässt erahnen, woraus die Brühe größtenteils besteht und so mancher ist froh, dass dank der Plexiglasscheibe kaum Geruch nach oben dringt.

Dann springen die Pumpen an und fördern die Brühe nach oben. Nun schäumt es oben in der aus Backsteinen gemauerten Rinne, die vor Sekunden noch trocken war. Jetzt befindet sich die Brühe auf einem Niveau, von dem aus sie dank der Naturgesetze ohne weiteres Zutun durch die Leitungen in die Kläranlage des Entsorgungsverbandes Saar (EVS) fließen kann.

Während die Anlage Elektromeister Friedrich kaum überraschen kann, schafft der Zuspruch der Interessierten das schon. Auch seine Kollegin Simone Stöhr staunt, dass so viele das ZKE-Angebot wahrnehmen, das die Entsorger zum Nachbarschaftsfest in der Mainzer Straße aufgelegt haben. Stöhr: "Alle Führungen hatten bisher riesigen Zuspruch."

Ehe die Pumpen zu laufen beginnen, wird alles erklärt, was da zu sehen ist. Auch der riesige Aktiv-Kohle-Filter, der verhindert, dass übermäßig Gestank aus dem denkmalgeschützten Rundbau in der Rosenstraße strömt.

Das Pumpwerk Rosenstraße wurde bereits 1926 errichtet und ist die größte sichtbare Schmutzwasserpumpstation der Stadt. Im Inneren des nach außen hin unscheinbaren, runden Gebäudes erstreckt sich die Anlage bis in zehn Meter Tiefe. Pro Jahr werden hier etwa 950 000 Kubikmeter Schmutzwasser gefördert.

Weiter erfahren die Besucher, dass demnächst eine weitere Sanierung ansteht und dass das Werk weitgehend automatisch arbeitet. Füllstände und Pumpenleistung können die ZKE-Mitarbeiter in der Zentrale überwachen, da Sensoren die Daten online dorthin senden. Während der Geruch innerhalb des Pumpwerks nur unangenehm ist, sorgen Methan und Faulgase für eine wirkliche Gefahr: "Schlimmstenfalls könnte hier alles explodieren." Damit das nicht geschieht, müssen strenge Anforderungen in Sachen Explosionsschutz eingehalten werden. Dank spezieller Isolierungen tragen die meisten Elektrogeräte das Prädikat "Ex-Geschützt". Wie einst in den Kohlebergwerken können zum Beispiel beim Einschalten verursachte Funken nicht nach außen dringen und möglicherweise vorhandene brennbare Gase entzünden. Die Gaskonzentration wird ständig gemessen, weiß Friedrich. Bei einer Warnung werden nicht-ex-geschützte Geräte wie der Kran unter der Decke sofort automatisch abgeschaltet.

So mancher kehrt um



Nach den ausführlichen Erläuterungen geht es dann in die Tiefe. Alle Besucher gehen dabei aber nicht bis ganz hinunter, viele kehren um. Denn auf dem Weg die Stufen hinunter hält keine Plexiglasscheibe mehr den Geruch auf - und der wird mit jeder Stufe stärker. Gut, dass Stöhr oben Desinfektionstücher für die Zurückkehrenden bereithält.

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