Die Rapper von morgen

St Arnual · Ein voll ausgestattetes Tonstudio wartet im Jugendzentrum St. Arnual auf den Rap-Nachwuchs. Mit ihren Texten und selbst gemischter Hintergrundmusik können sich die Jungrapper in Kursen verwirklichen.

 Der Rap-Nachwuchs von links: Steven, Franklin, Jeremy, Rodney (am Mikrophon), Cody, Jaro und Kursleiter Daniel. Foto: Iris Maurer

Der Rap-Nachwuchs von links: Steven, Franklin, Jeremy, Rodney (am Mikrophon), Cody, Jaro und Kursleiter Daniel. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

"Oh Mann, mein Herz rast fast den Beat mit", lacht Jeremy (13) in die Runde. Er erntet Mitlacher und Kopfnicken. "Daniel, mach genau den Beat nochmal, der war fett", fordert Jaro (12) Daniel auf. Und der fragt nicht groß, sondern drückt ein paar Knöpfe auf der Tastatur am PC und ein tiefer Bass wummert durch das Tonstudio im Jugendzentrum (Juz) St. Arnual .

Es ist Sonntagnachmittag, vier Tage vor Weihnachten und die Flaggen im "Daarler Juz" stehen auf Rap-Workshop. Schon seit diesem Juni können Kinder und Jugendliche einmal die Woche hier im offenen Workshop ihre Erfahrungen zum Thema Rap sammeln.

"Da gehört eine ganze Menge Theorie dazu", erzählt Workshopleiter Daniel. Wie schreibt man einen Text, wie wird der zum fertigen Rap, und woher kommt überhaupt die "Hintergrundmusik"? Alles Fragen, die Daniels Schützlinge inzwischen mit lässigem Schulterzucken beantworten können. "Ich schreibe Texte übers Verliebtsein und über Liebe oder auch wie scheiße Krieg ist", erzählt Jeremy. Richtig professionell geht es bei dem Workshop, zu dem jeder interessierte Jugendliche eingeladen ist, zu. Das Tonstudio ist gut ausgerüstet: Computer mit entsprechenden Programmen , Equipment zum Abmischen, eine Mikrofonanlage und sogar eine "Bouf", eine abgedämmte "Aufnahmebox", stehen den Jungrappern zur Verfügung.

"Es ist nicht einfach, Rapper zu sein, da Rap in den Medien oft zu simpel und auch asozial dargestellt wird", Daniel weiß wovon er redet, auch er ist Rapper, Limid ist sein Künstlername. Mit Geduld und seiner freundlichen, ruhigen und lockeren Art hilft er "seinen Kids", sich selbst zu verwirklichen. Schüchtern sind die Teilnehmer nicht, jeder zeigt, was er am Mikrophon kann. Praktisch gestaltet sich das so, dass man seinen aktuellen, neuesten oder unfertigen Rap präsentiert, während alle anderen zuhören. Danach wird zusammen über das Gehörte geredet und diskutiert und gemeinsam nach Verbesserungsvorschlägen gesucht. Daniel ist mit seiner Arbeit sehr zufrieden: "Es bringt sich jeder mit ein, alle arbeiten gemeinsam." Ob Groß oder Klein, Lernprozesse werden innerhalb des Workshops nur gemeinsam bestritten, man kommt zusammen zu einem Ergebnis, das dann schließlich auf CD festgehalten wird.

Ein friedliches Miteinander, das jedoch meist alles andere als ruhig zugeht. "Wir sind voll die Chaoten", strahlt Jaro übers ganze Gesicht. Auch Steven (17), Franklyn (17) und Rodney (18) kommen regelmäßig zum Workshop, sie sind kaum jünger als Workshopleiter Daniel (18). Auch Privates besprechen die Teilnehmer gerne mit Daniel, es hat sich eine Freundschaft entwickelt. "Ich muss aber trotz allem darauf achten, dass es nicht zu kumpelhaft wird und die Kids mich trotzdem noch respektieren." Keine sehr leichte Aufgabe, die der Fachoberschüler, der 2016 seinen Abschluss machen wird, jedoch mit Bravour meistert.

"Wir produzieren jetzt noch einen schnellen Beat, dann sind wir fertig für heute", fordert er seine Schützlinge auf, die sofort Feuer und Flamme sind. Zurück am PC werden also "Beats gebaut", wie die Rapszene das nennt. Drums, Baseline und Melodie sind die Hauptbestandteile, "klingt leicht, ist es aber nicht", lacht Daniel. Cody (15) weiß, wie schwierig es ist, einen guten Beat zu produzieren. "Da muss man manchmal echt lange rumsampeln, bis man was hat." Sampeln - neues Zusammensetzen kleiner Musikfetzen aus Liedern, abgemischt mit Bass und Drums. "Und dazu muss dann noch der Text abgestimmt werden", ergänzt Franklyn, selbst schon Producer, abschließend.

Am Ende entstehen Raps, die den Kids besonders am Herzen liegen, weil sie ihre Welt und ihre Sicht der Dinge zeigen. Mehr noch: "Durch Rap und Hiphop kann man ein Ventil finden, um sich den Mist von der Seele zu reden", schließt Daniel nach über zweieinhalb erfolgreichen Stunden den Workshop. Mist von der Seele reden, genau das haben viele Besucher im Juz St. Arnual nötig. Im Rap-Workshop können sie lernen, dass man Aggressionen und Stress auch anders abbauen kann. Und dass es letztlich angenehmer ist, mit- statt gegeneinander zu arbeiten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort