„Regards sans Limites / Blicke ohne Grenzen“ Gerettet aus der luxemburgischen Flutkatastrophe

Im Saarländischen Künstlerhaus sind Fotoarbeiten von jungen Talenten der Großregion zu sehen. Dass deren Werke überhaupt gezeigt werden können, ist ein kleines Wunder.

 Im Studiobau des Saarländsichen Künslterhauses wird der Besucher bei Johannes S. Sistermanns Teil einer begehbaren Skulptur („Klang Schweigt Zeit II“).

Im Studiobau des Saarländsichen Künslterhauses wird der Besucher bei Johannes S. Sistermanns Teil einer begehbaren Skulptur („Klang Schweigt Zeit II“).

Foto: JS Sistermanns/Künstlerhaus

Dass die aktuelle Fotoausstellung „Regards sans Limites / Blicke ohne Grenzen“ im Saarländischen Künstlerhaus zustande gekommen ist, ist ein kleines Wunder. Denn die ursprüngliche diesjährige Ausstellung des gleichnamigen Stipendiums, das zur Förderung junger Fotografie in der Großregion im Jahr 2010 von dem in Nancy beheimateten Verein „Surface Sensible“ ins Leben gerufen wurde, wurde bereits im Juni in der Abtei Neumünster in Luxemburg gezeigt. Anschließend wurden die Fotografien im Depot dieses Kunstzentrums verwahrt und sind dort in der Hochwasserkatastrophe Mitte Juli untergegangen. Die eingelagerten Arbeiten wurden vollständig zerstört.

Die fünf jungen Fotografinnen und Fotografen Anne-Sophie Costenoble, Patrick Galbats, Florian Glaubitz, Thilo Seidel und Emilie Vialet, die sich zuvor wie alle anderen Preisträgerinnen und Preisträger um eine Teilnahme an der Retrospektive zum Thema „Repenser le paysage / Repenser la nature“ beworben hatten, mussten ihre Werke nachproduzieren. Und das scheint unterschiedlich gelungen. Aber es lässt sich nicht eindeutig entscheiden, ob manche kleinen Formate oder mit einfachsten Mitteln an die Wand gepinnten Fotopapiere einen künstlerischen Ausdruck verfolgen oder der Not geschuldet sind.

Eine der Preisträgerinnen, Emilie Vialet, Absolventin der Kunsthochschule in Rennes, hält sich seit Monaten in Lappland auf. Ihre Arbeiten können sogar nur auf einem kleinen Monitor gezeigt werden. In einer Zusammenstellung wechseln sich ihre recht unspektakulären Landschaftsaufnahmen mit detailreichen Nahaufnahmen der natürlichen Strukturen von Holzstücken, Gräsern, Steinen oder Wolkenformationen ab. Bedauerlich, dass diese Arbeiten nicht größer gezeigt werden konnten. Im gleichen Raum beweist Thilo Seidel, wie professionell er mit der außergewöhnlichen Situation umgeht. Die Werke des Fotografen, der in Saarbrücken an der Hochschule der Bildenden Künste Saar studierte und mittlerweile in Amsterdam lebt, sind akkurat gerahmt und zeigen prägnante Baumansichten. Dafür hat Thilo Seidel bei Dunkelheit verschiedene Bäume von unten mit Licht angestrahlt. Das Ergebnis sind außergewöhnliche, detailreiche Aufnahmen von unterschiedlichen Blättern, Nadeln und Geäst aus einer eher ungewöhnlichen Perspektive, in denen Strukturen und Farben starke Kontraste bilden.

Patrick Galbats zeigt ein ganz anderes Naturverständnis. Denn bei dem Luxemburger, der in Brüssel Kunst studierte und dort lebt, sind auch Stadtarchitekturen und künstliche, da menschliche, Hinterlassenschaften in der Natur zu sehen. Bemerkenswert ist seine Aufnahme eines Schlafbaums von Halsbandsittichen in Brüssel, gleichzeitig eine einmalige Naturaufnahme, aber auch ein Symbol für das Eingreifen des Menschen in die Natur. Die Belgierin Anne-Sophie Costenoble fotografiert gewöhnliche, zufällige, aber flüchtige Ansichten von Menschen, Landschaften, Dingen. Bei ihr steht jedoch nicht das Abgebildete im Zentrum, sondern sie stellt ihre etwas unscharfen, unterschiedlich belichteten und fast schon poetischen schwarz-weiß Aufnahmen zu einer stimmungsvollen Kompilation zusammen. Dagegen wirken die Fotografien des Meisterschülers der Kunsthochschule Mainz, Florian Glaubitz, wie zufällig zusammengestellt. In unterschiedlichen Formaten, auch hier vielleicht der Flutkatastrophe geschuldet, zeigt er Alltägliches, Dinge und Tiere. Einige seiner Fotografien sind gestochen scharf und farbig, andere unscharf und in hellen Grautönen. Er ist auch der Einzige, der zusätzlich ein Video vorführt, in dem sich ruhige Aufnahmen eines Tierparks mit intimen Aufnahmen eines Menschen abwechseln. Vieles von dem, was Florian Glaubitz zeigt, zeugt von einem experimentellen Charakter.

Ganz anders, nämlich mit einem spielerischen Charakter, setzt sich im Untergeschoss, im „Studioblau“, Johannes S. Sistermanns in seiner Ausstellung „Klang Schweigt Zeit II“ mit Geräuschen und Bildern auseinander. In dem abgedunkelten Raum verursachen die Schritte der Besucher und Besucherinnen auf dünnen, gestalteten Papierbahnen Geräusche, die sich mit Klängen abwechseln. Dazu werden Bilder in eine Ecke des Raums projiziert, die den Raum teilweise erhellen und auf den farblich gestalteten Papierbahnen überraschende Effekt bilden. Umhergehen, lauschen, schauen – die Besucher werden mit einfachsten Mitteln zum Teil der Installation. Gerade nach den etwas schwierigen Arbeiten von Florian Glaubitz rundet „Klang Schweigt Zeit II“ die aktuelle Präsentation im Künstlerhaus ab.

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