Kino im Regionalverband „Das Kino ist ein magischer Ort“

Saarbrücken · Die meisten Filmtheater im Regionalverband fürchten sich nicht vor Streaming-Diensten – trotz sinkender Besucherzahlen im Saarland.

Auch wenn Streaming-Dienste Eigenproduktionen noch vor den Kinos zeigen, bieten letztere oft mehr: zum Beispiel das Gemeinschaftserlebnis, das noch nicht aus der Mode ist.

Auch wenn Streaming-Dienste Eigenproduktionen noch vor den Kinos zeigen, bieten letztere oft mehr: zum Beispiel das Gemeinschaftserlebnis, das noch nicht aus der Mode ist.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Wer in Saarbrücken ins Kino gehen will, hat die Qual der Wahl: Vom Multiplex Cinestar mit seinen elf Sälen über die City Kinos UT und Passage, die zusammen auf sechs Säle kommen bis zu den Art­house-Kinos der Stadt. Unter ihnen ist die Camera Zwo mit sechs Sälen, von denen einer allerdings nur temporär ist, das größte. Das Kino 8 1/2 und das Filmhaus verfügen jeweils über einen Saal. In Heusweiler gibt es dann noch das Filmtheater, in dem die Familie Schönhofen immer von Samstag bis Montag einen Film zeigt.

Mit völlig unterschiedlichen Konzepten und Strategien konkurrieren sie um die Zuschauer, doch die Zahlen sinken stetig: Obwohl der Umsatz in der Branche weltweit seit dem Jahr 2010 um etwa 29 Prozent gestiegen ist, gehen in Deutschland immer weniger Menschen ins Kino. Daten der Filmförderungsanstalt (FFA) zufolge ging der Umsatz bundesweit um 2,29 Prozent zurück seit 2010; die Multiplexe haben sogar Verluste von rund 15 Prozent zu verzeichnen. Gab es im Jahr 2010 in Deutschland noch 126,6 Millionen Kinobesucher, waren es im letzten Jahr nur noch 105,4 Millionen, also 16,75 Prozent weniger. Auch hier schneiden die Multiplexe mit einem Rückgang von rund 26 Prozent deutlich schlechter ab. Das Cinestar Saarbrücken äußerte sich auf Nachfrage der SZ nicht zu den Besucherzahlen 2018. Im selben Zeitraum stieg der durchschnittliche Eintrittspreis von 7,27 auf 8,54 Euro brutto. Das Saarland folgt im Wesentlichen dem Trend der Branche, auch wenn der Anstieg der Ticketpreise hier um etwa vier Prozent geringer ausfiel. So nahmen die Umsatzzahlen seit 2010 um rund 20 Prozent ab, die Besucherzahlen gingen von 1 338 396 auf 945 090 Zuschauer zurück – das ist ein Minus von rund 30 Prozent.

Dass das Kino heute eine geringere Rolle in der Freizeitgestaltung der Deutschen spielt, lässt sich unter anderem mit dem Aufkommen von Streaming-Diensten wie Netflix und Amazons Prime Video erklären. Michael Krane, Inhaber der Camera Zwo, sieht in dieser Entwicklung eine große Gefahr für das traditionelle Kino: „Wenn deren Marktmacht so groß wird, dass das Auswertungsfenster, also die Exklusivfrist der Kinos, in Gefahr gerät, dann kann das existenzgefährdend werden.”

Christel Drawer vom Kulturamt der Landeshauptstadt ist zuständig für das Filmhaus und stimmt Kranes Einschätzung zu. Das Sehverhalten der Menschen habe sich geändert. Trotzdem betont sie die Sonderstellung des kommunalen Kinos: „Hier wird der Film nicht als Ware, sondern als Kulturprodukt verstanden.“ Das Filmhaus biete auch durch besondere Themenreihen, Festivals für Filme aus bestimmten Ländern, Gesprächsreihen und die Zusammenarbeit mit Schulen einen Mehrwert. Das 8 1/2 im Nauwieser Viertel verfolgt eine ähnliche Strategie: „Ich sehe Streaming-Dienste nicht als eine Konkurrenz, die uns bedroht oder zum Sterben verurteilt. Sie nehmen uns vielleicht einen Teil der Zuschauer; aber wir haben die Erfahrung gemacht, dass unser Publikum, das sehr cineastisch interessiert ist, trotzdem wiederkommt – auch um die Filme, die sie bei Netflix oder Amazon gefunden haben, auf der großen Leinwand zu sehen”, erklärte Waldemar Spallek im SZ-Gespräch. So zeigt das Kino 8 1/2 etwa die Netflix-Produktion „Roma“ (2018), die drei Oscars gewann, und tut sich durch Einführungen und Diskussionsrunden sowie Themenreihen mit verschiedenen Kooperationspartnern hervor.

Auch das Cinestar sieht Streaming-Dienste nicht als Bedrohung, da deren Kunden auch überdurchschnittlich oft ins Kino gingen. „Wir hören von unseren Besuchern sogar als Gegentrend heraus, dass das gemeinschaftliche Freizeitbedürfnis wieder stärker an Bedeutung gewinnt”, sagte Theaterleiter Michael Grundmann. Die Saarfilm GmbH, Eigentümerin der UT- und Passage Kinos, wollte sich trotz wiederholter Anfrage der SZ nicht positionieren.

Waldemar Spallek zweifelt nicht eine Sekunde an einer Zukunft des Kinos: „Kino ist ein magischer Ort, der Menschen zum Lachen oder zum Weinen, aber auch zum Nachdenken bringen kann. Das Erlebnis ist ein besonderes.“

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