Zweifel am Latex-Einsatz beim Brotverkauf

Saarbrücken · Manchmal sind sie schwarz, häufig weiß: In vielen Bäckereien an der Saar tüten Mitarbeiter Backwaren mit Handschuhen ein. Doch das Latex auf der Haut verbessere die Hygiene nicht, sagen Experten.

 Heike Schmidt (Bäckerei Schmidt, Illingen) beteiligte sich an einer Studie über den Sinn des Tragens von Latexhandschuhen beim Verkauf. Das Ergebnis gab ihr Recht – sie trägt keine. Foto: Engel

Heike Schmidt (Bäckerei Schmidt, Illingen) beteiligte sich an einer Studie über den Sinn des Tragens von Latexhandschuhen beim Verkauf. Das Ergebnis gab ihr Recht – sie trägt keine. Foto: Engel

Foto: Engel

. Die Frage entzweit sowohl Kunden als auch Mitarbeiter von Bäckereien: Sollen Verkäufer in Bäckereien aus hygienischen Gründen Einmalhandschuhe tragen oder nicht? Um Klarheit zu schaffen, startete die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) vor drei Jahren im Saarland ein Pilotprojekt. Ergebnis der Studie: "Ohne Handschuhe - Hygiene trotzdem". Seit Ende Februar liegt nun in saarländischen Bäckereien und Konditoreien ein Flugblatt aus. Darin weist die BGN darauf hin, dass "das Tragen von Handschuhen die Hygiene nicht verbessert". Das ständige Tragen von Handschuhen schadet demnach vielmehr der Haut, kann zu schwerwiegende Hauterkrankungen führen. "Beschäftigten an Frischetheken stehen andere, geeignete Hilfsmittel zur Verfügung", erklärt Rüdiger Bernardi, Lebensmitteltechniker der BGN. Es gebe Gabeln, Folien und Zangen, um frische Produkte von der Auslage in die Tüte zu befördern. Auch der Umgang mit Geld sei unproblematischer als häufig gedacht, sagt Bernardi. Das Berühren von Geld führe nicht dazu, dass es zu zu einer höheren Bakterienzahl an den Händen komme.

Davon ist auch die Wissenschaft überzeugt: Trotz der Keime gehe von Geld keine Gefahr für den gesunden Menschen aus, schreibt der Leiter des Institut für Medizinische Mikrobiologie am Universitätsklinikum Essen, Frank Mosel, in einem Fachmagazin. Die Münzen und Scheine seien mit ähnlichen Keimen besiedelt wie jeder Wasserhahn, Türgriff oder die Haltestange in der Bahn.

Die saarländischen Lebensmittelkontrolleure teilen die Fachexpertise. "Wir unterstützen die Kampagne des BGN und halten die Aufklärung für sinnvoll", sagte Harry Sauer, Vorsitzender der Saar-Landesvereinigung der Lebensmittelkontrolleure. Obwohl es Firmen gebe, die ihre Mitarbeiter zum Tragen von Handschuhen verpflichten, existiere keine rechtliche Vorschrift.

Für die saarländischen Bäcker ist die Diskussion um die Einmalhandschuhe ein Dauerbrenner. "Wir informieren die Kundschaft, nicht zuletzt mit Unterstützung der BGN, dass das Benutzen der Handschuhe nicht unproblematisch ist und eine trügerische Sicherheit vermittelt", erklärte der Innungsmeister der Saar-Bäcker Roland Schaefer. Immer wieder fühlten sich Kunden gestört, wenn das Personal keine Handschuhe trägt. Doch wer die Hygienevorschriften einhalte, sein Geschäft und sich selber pflege, sei auf dem richtigen Weg.

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Auf einen BlickDie Hygienestandards in Bäckereien gelten für Produkte, Betrieb und Mitarbeiter. Bäcker sind zur Sauberkeit bei Annahme, Herstellung, Lagerung sowie Verkauf und Entsorgung von Backwaren verpflichtet. Zudem schreiben die Hygienestandards die Bekämpfung von Schädlingen vor. Auch die Betriebsräume, Arbeitsmaterialien und Reinigungsplätze müssen Bäcker sauber zu halten. Beschäftigte sind etwa zum Tragen von sauberer Kleidung, Körper- und Handpflege angehalten. Das Robert-Koch-Institut rät Mitarbeitern zudem, ihre Hände mehrfach täglich zu waschen, weil sie am häufigsten mit Viren in Kontakt kommen. eng

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