Zuverlässigkeit für Förderschüler?

Saarbrücken · Sozialministerin Monika Bachmann will behinderten Schülern zuverlässige Integrationshelfer an die Seite stellen. Doch die Realität sieht anders aus: Viele Helfer sind prekär beschäftigt, die Fluktuation ist groß.

 Eine körperbehinderte Schülerin sitzt in ihrem Rollstuhl im Klassenraum. Foto: Holger Hollemann/dpa

Eine körperbehinderte Schülerin sitzt in ihrem Rollstuhl im Klassenraum. Foto: Holger Hollemann/dpa

Foto: Holger Hollemann/dpa

. Allein der Weg von der Schulbushaltestelle in die Schule kann morgens für körper-, geistig- und lernbehinderte Kinder schwer werden, sie sind auf zuverlässige Hilfe angewiesen. Doch was ist, wenn der Integrationshelfer , auf den die Kinder tagtäglich vertrauen, nicht da ist? Ein Modellversuch "Helfer-Pool in Förderschulen" verbessere jetzt die Strukturen der Schul-Integrationshilfe sowohl für die Schüler als auch für die Integrationshelfer wesentlich, erklärte jetzt Sozialministerin Monika Bachmann (CDU ). "Durch den neuen Helfer-Pool schaffen wir eine größere Verlässlichkeit für alle Beteiligten", betonte Bachmann.

Zwei Jahre hat demnach eine Arbeitsgruppe der CDU /SPD-Landesregierung den Modellversuch vorbereitet, der nun zwei Schuljahre laufen soll. Beteiligt sind die G(eistigbehinderten)-Schule in Saarwellingen, die G-Schule in Merzig-Merchingen, die L(ernbehinderten)-Schule in Merzig-Brotdorf, die G-Schule in Namborn-Baltersweiler, die G-Schule in Eppelborn-Dirmingen, die G-Schule in Ottweiler-Mainzweiler, die K(örperbehinderten)-Schule in Homburg, die G-Schule in Saarbrücken-Dudweiler und die K-Schule in Püttlingen.

Der Unterschied zur derzeitigen Praxis sei, das nun ein Team von kurzfristig einsetzbaren Integrationshelfern, der sogenannte "Pool", bereitstehe. "Eine Stellvertretung bei kurzfristiger Erkrankung eines Helfers kann flexibel über den Pool organisiert werden", betonte Bachmann. Zudem gebe es pro Modell-Schule in der Regel nur noch einen Pool-Träger, also eine Wohlfahrts-Organisation wie etwa die Lebenshilfe oder die Arbeiterwohlfahrt . Allerdings könne es aufgrund des Wunsch- und Wahlrechtes der Schüler und ihrer Eltern noch Integrationshelfer anderer Anbieter geben, räumte Bachmann ein. Die Kosten für die Schulintegrationshelfer an den neun Schulen beliefen sich auf rund zwei Millionen Euro für das Schuljahr 2016/2017. Die Kosten für alle Integrationshelfer an Saar-Schulen betrügen 9,9 Millionen Euro.

Doch wie sieht die Realität aus? Sylvie Mich, stellvertretende Vorsitzende der Landeselternvertretung Förderschulen, sagte, sie sei Mutter eines schwerbehinderten Sohnes an der Pilotschule in Merzig. Der Sohn werde von einer FSJlerin betreut, die allerdings noch nicht wisse, ob sie den Jungen länger betreuen könne, da sie auf einen Studienplatz warte. Bei Schuljahresbeginn sei bereits eine Integrationshelferin ihres Sohnes in der zweiten Woche abgesprungen, die schnell gemerkt habe, "dass es doch nichts für sie ist". Ob die Personalisierung ausreiche, werde sich im Laufe des Schuljahres herausstellen, sagte Mich. "Also wird die Poolbildung mal gleich auf die Probe gestellt", meinte die Mutter. Das Problem sei, Integrationshelfer zu finden: "Die jungen Leute werden nicht genug belohnt", erklärte Silvie Mich. Schon gar nicht für die große Leistung, die sie tagtäglich brächten. "Schließlich ersetzen die Helfer eine ganze Arbeitskraft", betonte die Landeseltervertreterin. Von einer Professionalisierung der Helfer könne keine Rede sein, da es nur kurze Vorbereitungskurse vor dem Schuleinsatz gebe.

Von "sehr prekären Arbeitsverhältnissen" der Integrationshelfer sprach der Verdi-Fachbereichssprecher Michael Quetting. Der größte Teil verfüge über kaum Qualifikationen und werde ins kalte Wasser geworfen. Die stellvertretende Landesvorsitzende des Saarländischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes (SLLV) Michaela Günther sagte, die meisten Helfer seien "in der Regel ungelernt, die machen das intuitiv pädagogisch". Man müsse abwarten, wie die Pools funktionierten, der Vertretungsgedanke sei positiv. Das Projekt sei "holprig" angelaufen und hätte bereits vor einem Jahr starten sollen. Die Helfer bekämen nur Mindestlohn, seien in Teilzeit beschäftigt. "Das ist für die Helfer schwierig, die müssten besser bezahlt werden", sagte Günther. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) wollte sich nicht zu dem Modellprojekt äußern.

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