Zuflucht im Pfarrsaal

Fischbach · Auf der Flucht vor dem Bürgerkrieg in Syrien schlug sich Familie Issa bis ins Saarland durch. Die Bundesrepublik will sie nun nach Italien abschieben. Eine Überstellung sei „unmenschlich“ findet ein Fischbacher Pfarrer – und gewährt Hilfe.

Der Pfarrsaal der Evangelischen Kirchengemeinde Fischbach ist der neue Zufluchtsort für Familie Issa aus dem syrischen Aleppo. Hier schlafen Moustafa, Jamila und ihr 26-jähriger Sohn Rudi. Zum Duschen gehen sie ins angrenzende Pfarrhaus. Die drei leben seit Freitag im Kirchenasyl. Das soll verhindern, dass sie gegen ihren Willen nach Italien gebracht werden. Mit Zustimmung seines Presbyteriums brachte Pfarrer Hans-Lothar Hölscher die Familie unter. "Es war höchste Zeit", sagt Hölscher. Ihren Behörden-Bescheid über die bevorstehende Überstellung hätten die Issas bereits gehabt.

Das Kirchenasyl ist für sie eine weitere Zwischenstation auf einer schon zehn Monate dauernden Flucht. Im Mai 2013 waren sie zu sechst aus Aleppo geflohen. Mit Rudi und seinen Eltern hatte auch sein Bruder mit Frau und Kind die Heimat verlassen. Derzeit sucht die Familie Ruhe, zieht sich vor zu viel Öffentlichkeit zurück. Noch im Februar aber hatten sie gegenüber der Saarbrücker Zeitung die Not in der Heimat beschrieben: "Vielleicht ist unser Haus bereits explodiert. Kurz nach unserer Flucht hat ein Kampfhubschrauber das ganze Areal beschossen", hatte Rudi erzählt.

Schleuser hatten die Familie erst nach Saudi-Arabien, von dort per Flugzeug nach Mailand gebracht. Über den Landweg gelangte die Familie nach Deutschland und ins Lebacher Aufnahmelager. Moustafa, Jamila und Rudi bekamen eine Wohnung in Quierschied. Rudis Bruder und seine Familie wohnen noch in Lebach.

Die Issas stellten einen Asylantrag. Dabei hätte sie "fairerweise angegeben, wo sie in Europa angekommen sind", erzählt Hölscher. Nach den Bestimmungen des Dublin-Verfahrens ist derjenige Staat für einen Asylantrag zuständig, in dem ein Betroffener als erstes europäischen Boden betrat. Deutschland will die Issas daher nach Italien zurückschicken. "Es ist unmenschlich und unzumutbar, wenn eine Familie, die schon fast ein Jahr in Deutschland ist und sich vor einem halben Jahr hier im Ort niederlassen durfte, nun wieder in ein anderes Land geschickt werden soll", findet Hölscher.

Überstellungen sind aber gängige Praxis: Über 4700 Betroffene hatte die Bundesrepublik 2013 in andere Staaten geschickt. Von saarländischem Boden aus wurden laut Saar-Innenministerium im vergangenen Jahr 60 Betroffene überstellt. Zuständig ist der Bund über sein Bundesamt für Flüchtlinge und Migration. Dieses wollte sich zum Fall der Familie Issa nicht äußern. Landesinnenministerin Monika Bachmann (CDU) erklärte, die staatlichen Organe respektierten das Kirchenasyl. Die Issas dürfen sich daher auf dem Kirchengelände frei bewegen. Nur auf die Straße treten sollten sie nicht, sagt Pfarrer Hölscher. Bei ihm könnten sie solange bleiben, "bis die Abschiebung aufgehoben ist".

In Syrien dauern die blutigen Auseinandersetzungen seit drei Jahren an. Mindestens 2,5 Millionen Syrer flohen ins Ausland, über neun Millionen sind im Inland auf der Flucht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort