Zeus kommt extra aus dem Vatikan

Saarbrücken · Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit. Diese Erkenntnis von Karl Valentin bestätigt sich derzeit im Museum für Vor- und Frühgeschichte. Dort wird die Ausstellung „Inspiration Antike“ aufgebaut. Sie zeigt Teile der Sammlung von Eugen von Boch – und den „Zeus von Otricoli“, der extra aus den vatikanischen Museen anreist.

 Thomas Martin an der Chicago-Säule. Foto: Nicole Burkhardt

Thomas Martin an der Chicago-Säule. Foto: Nicole Burkhardt

Foto: Nicole Burkhardt

Ein großer Transporter hält am Dienstagmorgen vor dem Museum für Vor- und Frühgeschichte am Schlossplatz. Die Aufregung ist groß. Seit zwei Jahren planen die Kuratoren Franz Josef Schumacher und Thomas Martin die neue Ausstellung über den Sammler und Forscher Eugen von Boch (1809-1898) "Inspiration Antike". Am 15. April, 18 Uhr, beginnt die Vernissage im Museum für Vor- und Frühgeschichte.

"Ein bisschen nach rechts. Ja, genau so." Kritisch beäugt Thomas Martin, wie die drei Arbeiter im Raum zur Antikenrezeption im Saarlandmuseum die Chicagosäule errichten. Die Säule stammt aus der Sammlung von Eugen von Boch und spiegelt die Einflüsse der Antike im 19. Jahrhundert wider. Der eckige Sockel, die runde Säule und das spezifische Kapitell - der Künstler, vermutlich war es Otto Hupp , muss sich ausgekannt haben mit der Antike.

Nun wird die drei Meter hohe Säule endlich wieder ausgestellt. Der Raum ist gerade hoch genug. Die Kuratoren sind mit Allerweltsproblemen beschäftigt - von deren Lösung allerdings viel abhängt. Passen die Vitrinen durch die Türen? Kann man die bis zu 300 kg schweren Objekte im Aufzug des Altbaus transportieren?

Seit 2009 wurden in diesem Museum vorwiegend Gemälde ausgestellt, nun handelt es sich um Säulen, Büsten und andere Gegenstände. Am 15. April bekommen die Besucher dann eine bis ins kleinste Detail durchdachte Ausstellung, ohne jegliche Vorstellung davon, wie viel Arbeit dahinter steckt.

Ein Großteil der Exponate lagert seit dem Zweiten Weltkrieg in Kisten. Einzelne Stücke müssen zunächst bestimmt werden und zur Restaurierung nach Landsweiler-Reden gebracht werden. Dort werden poröse Oberflächen behandelt, die Farbe gefestigt oder nachlassender Kleber neu aufgetragen.

Andere Objekte müssen erst geordert werden, so wie der "Zeus von Otricoli", der sich in den vatikanischen Museen befindet und nun zum ersten Mal überhaupt in Deutschland zu sehen ist.

Der kolossale Kopf war auch Vorbild für die Zeichnung von Bochs, die auf den Plakaten für die Ausstellung wirbt. Mit 16 Jahren hatte die Büste ihn vermutlich so fasziniert, dass sie ihn den Rest seines Lebens nicht mehr losgelassen hat. Dass der Vatikan eingewilligt hat und dem Saarlandmuseum die Büste anvertraut, ist eine Bestätigung.

Eugen von Boch war Steingutfabrikant in Mettlach und - abgesehen von seinen unternehmerischen und sozialen Leistungen - auch auf dem Feld der Altertumswissenschaften tätig. Dieses Interesse zeigte sich auch in der industriellen Produktion seines Unternehmens. Mit dem Ausstellungskonzept konnten die beiden Kuratoren überzeugen und den hohen Aufwand rechtfertigen.

Die Räume, in denen heute noch Leitern, Werkzeugkästen und Glasplatten stehen, werden nach dem Vorbild von Eugen von Bochs Sammlung aus dem 19. Jahrhundert gestaltet. In den Archiven von Villeroy und Boch befinden sich historische Fotos, die als Quellen dienen. Auch diese Fotos sind Teil der Ausstellung. Selbst die blaue Wandfarbe lässt sich wissenschaftlich begründen.

Die Ausstellung ist vom 16. April bis 11. September im Museum für Vor- und Frühgeschichte zu sehen.

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