Wo Künstler selbst Galeristen sind

Saarbrücken · Das Geschäft einer Galerie ist die Kunst. Und das ist nicht immer einfach, wie ein Blick auf die mittlerweile überschaubare Zahl an Galerien in Saarbrücken zeigt. Dennoch: Galerien haben eine wichtige Funktion. Sie sind Gradmesser und Begleiter der Kunstszene. Sie verraten daher viel über den Wandel in der Kunstszene und die Entwicklung einer Stadt. Im dritten und letzten Teil ihrer Serie widmet sich unsere Autorin Sabine Graf den Themen Künstlergalerie, Atelier und Selbstvermarktung.

 Auf dem Weg in die Selbstvermarktung: Malgorzata Sztremer in ihrer Galerie „Museum Gosz“, die sie gemeinsam mit ihrem Mann eine Zeit lang in der Eisenbahnstraße betrieb. Fotos: Iris Maurer

Auf dem Weg in die Selbstvermarktung: Malgorzata Sztremer in ihrer Galerie „Museum Gosz“, die sie gemeinsam mit ihrem Mann eine Zeit lang in der Eisenbahnstraße betrieb. Fotos: Iris Maurer

 Platz für Kunst ist in jedem Raum: Peter Strickmann und seine „Besenkammer“.

Platz für Kunst ist in jedem Raum: Peter Strickmann und seine „Besenkammer“.

 Die Möglichkeit der Selbstvermarktung ist hier ideal gebündelt: Das Atelierhaus KuBa am Eurobahnhof beherbergt viele Künstler. Foto: Dietze

Die Möglichkeit der Selbstvermarktung ist hier ideal gebündelt: Das Atelierhaus KuBa am Eurobahnhof beherbergt viele Künstler. Foto: Dietze

Foto: Dietze

Der eigenen künstlerischen Arbeit ein Forum zu schaffen, ist das Anliegen jeden Künstlers. Doch nicht jeder findet eine Galerie, die ihn vertritt. Oder es mangelt an Galerien in einer Stadt. Oder der Künstler scheut die Zusammenarbeit, denn am Verkauf hat der Galerist natürlich seinen Anteil - das ist ja sein Geschäft. Daher gab es auch in Saarbrücken immer Galerien, die von Künstlern selbst gegründet und betrieben wurden. Dazu gehörte die 1953 von dem Maler Albert Bohn gegründete "Saarländische Sezession", eine Vereinigung von die Moderne zögerlich bis gar nicht akzeptierenden Malern. In den Räumen des Malers in der Markthallenstraße 19 in Alt-Saarbrücken entstand von 1954 bis 1966 das "Graphische Kabinett". Bohn zeigte darin seine Malerei, aber auch die von anderen hiesigen Künstlern.

Anders ging die "neue gruppe saar" vor, eine der gegenstandslosen Kunst verbundene Künstlervereinigung aus dem Umfeld der Saarbrücker Kunstschule um Kleint und Holweck. Sie wurde von deren Schülern, darunter Jo Enzweiler, weitergeführt und schließlich als Galerie St. Johann ausgegründet. Jedoch war man von Anfang an professionell ausgerichtet, weshalb sich Galerieausstellungen für Gesellschafter und Gruppenmitglieder verboten.

Das blieb die Ausnahme, denn die folgenden Generationen von Künstlern, die in Saarbrücken ihre Design- oder Kunstausbildung absolviert hatten, gründeten Galerien in eigener Sache. Es waren Unternehmen meist auf kurze Zeit, wie das Gastspiel der Gruppe "apropos" um den Maler Norbert Simon in einem Ladenlokal in der Vorstadtstraße oder von 1997 bis 2000 die ProduzentInnengalerie o.T. von Absolventen der Kunsthochschule im Werkhof Nauwieser 19 - gegründet, um Räume für Video und Performance zu haben.

Nicht anders war es mit dem Kunstraum von Studierenden der Klasse von Wolfgang Nestler in einer für ein Jahr angemieteten Wohnung in der Großherzog-Friedrich-Straße um das Jahr 1998 oder auch mit dem "Museum Gosz" in der Eisenbahnstraße in den 2000er Jahren.

Mit dem 1999 erstmals begangenen "Tag der bildenden Kunst" hatten sich diese Kunsträume als Kontaktstellen zum Publikum etabliert. Der Raummangel der Nachkriegsjahre war längst behoben. Damals waren die Galerien für Künstler ohne geeignete Atelierräume die Schnittstelle mit dem Publikum. Jetzt übernahmen in Zeiten des Leerstands die Künstler selbst, gründeten Kunsträume sonder Zahl, nannten sie "Besenkammer" oder "Einheit Eins" und präsentierten dort ohne Umweg über eine Galerie ihre Arbeiten, meist ohne Verkaufsabsicht.

Mit dem Atelierhaus im Kulturzentrum EuroBahnhof bekam 2007 diese Haltung eine Form. Es ist zugleich eine Gelegenheit, gerade weil in Saarbrücken die Zahl der Kunstgalerien mehr als überschaubar geworden ist, den Verkauf selbst in die Hand zu nehmen. Doch so manchen schreckt das böse Wort der Selbstvermarktung, obwohl die meisten Künstler längst über eine eigene Internetpräsenz verfügen. Es bedeutet nichts weniger als Professionalisierung der Künstlerexistenz. Das ist die Konsequenz aus der Gründung einer Künstlergalerie. Auch sie kann ein Standortfaktor sein. Sofern man sie als Unternehmen in eigener Sache angeht.

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