Wo durchstreichen statt ankreuzen zählt

Bergen/Weierweiler · Friedlich liegt der Platz neben dem flachen Gebäude des Dorfgemeinschaftshauses in einer ruhigen Nebenstraße von Bergen in der Mittagssonne. Ein paar Stufen geht es hinauf und dann hinein in den großen Saal des Bürgerhauses in dem Losheimer Ortsteil.

 Mit dem Nachwuchs oder auch dem Haustier zur Wahl: Das war gestern in den Wahllokalen im Kreis kein seltener Anblick. Foto: Rolf Ruppenthal

Mit dem Nachwuchs oder auch dem Haustier zur Wahl: Das war gestern in den Wahllokalen im Kreis kein seltener Anblick. Foto: Rolf Ruppenthal

Foto: Rolf Ruppenthal

Dort sitzen an diesem Sonntagnachmittag Markus Steuer, Johannes Weins, Jürgen Aschenbach und Silvia Mertes hinter einer langen Tischreihe. Vor ihnen sind, fein säuberlich nach Größen und Farben getrennt, die Wahlzettel aufgeschichtet, die jeder Wahlberechtigte in dem knapp 600 Einwohner zählenden Dorf in Empfang nehmen kann. Eigentlich sieht es in dem Wahllokal in Bergen genauso aus wie in hundert anderen im ganzen Land.

Und doch ist etwas anders in Bergen. Das wird beim Blick auf jenen Wahlzettel deutlich, mit dem die Wahlberechtigten in dem Dorf ihre Stimme für den Ortsrat abgeben können. Wo anderswo mehrere Listen mit ihren jeweiligen Kandidaten aufgeführt sind, findet sich in Bergen auf dem Stimmzettel nur eine Spalte mit Namen, daneben gibt es eine weitere Spalte, die mit 14 Querstrichen unterteilt ist: Hier lässt sich etwas hinschreiben, das ist zu erkennen.

Bergen ist einer von vier Orten im Kreis, an denen bei dieser Kommunalwahl die Wahlberechtigten für den Ortsrat nicht die Wahl zwischen konkurrierenden Listen verschiedener Parteien und Gruppierungen haben. Es ist hier für diese Wahl nur eine Liste gemeldet worden, und zwar von der CDU. Ebenso sieht es in dem Weiskircher Ortsteil Weierweiler, im Merziger Stadtteil Silwingen und in dem zu Mettlach gehörenden Saarschleifen-Ort Dreisbach aus: Auch dort haben die Wähler nur eine einzige Liste zur Auswahl.

Und das hat Folgen für das Wahlsystem, denn in einem solchen Falle läuft die Wahl in diesen Orten ein wenig anders ab. In Orten mit konkurrierenden Listen werden die Sitze im Ortsrat nach einem Verhältniswahl-Modell verteilt: Die Stimmen für die jeweiligen Parteien werden ins Verhältnis zur Zahl der Sitze im Ortsrat gesetzt, je nach Stimmenanzahl erhält jede Partei oder Liste eine bestimmte Anzahl von Sitzen in der Ortsvertretung. Bei Orten mit nur einer Liste läuft die Wahl unmittelbarer ab, nach dem Mehrheitswahlrecht.

Wenn der Wähler die eine Liste, die ihm zur Wahl vorgelegt wurde, akzeptiert, so kann er den Stimmzettel ohne eine Veränderung in die Wahlurne werfen. Er kann aber auch einen, mehrere oder alle Bewerber von der Liste streichen und statt dessen andere Personen auf dem Wahlzettel vermerken, die er gerne im Ortsrat sehen möchte.

Was bedeutet dieses "andere" Verfahren nun für die Wahl selbst? "Die Auszählung dauert länger, weil wir bei der Ortsratswahl jeden einzelnen Stimmzettel genau überprüfen müssen: Hat der Wähler dort Änderungen vorgenommen, hat er Namen eingetragen, hat er jemanden gestrichen?", sagt Wahlhelfer Jürgen Steuer im Wahllokal in Bergen. Ob es Auswirkungen auf die Wahlbeteiligung gibt, sei schwer zu sagen, meint sein Mitstreiter Jürgen Aschenbach: "Wir hatten dieses System schon bei der letzten Wahl, und da hat sich die Wahlbeteiligung nicht wesentlich von der früherer Wahlen unterschieden." An diesem Sonntag haben die Bergener gleichwohl schon rege von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht, erzählt Silvia Mertes: "Wir hatten gleich zu Beginn unserer Schicht nach 13 Uhr gut zu tun, jetzt ist es wieder ein wenig ruhiger geworden." In zwei Schichten haben sich die Wahlhelfer in dem Hochwaldort den Tag eingeteilt. Zur Auszählung nach 18 Uhr werden alle an Bord sein.

Ein paar Kilometer, in dem idyllischen Dörfchen Weierweiler, ist die Atmosphäre an diesem Wahlnachmittag ebenfalls entspannt: Friedel Scherer achtet zusammen mit vier weiteren Helfern darauf, dass der Wahlgang für die 191 Wahlberechtigten in dem Weiskircher Ortsteil ordnungsgemäß abläuft. Auch er weiß von einer regen Wahlbeteiligung zu berichten: "Wir liegen mit den Briefwählern jetzt, kurz nach 15 Uhr, schon bei gut 60 Prozent." Hohe Wahlbeteiligungen seien aber für den kleinen Ort normal, meint sein Wahlhelfer-Kollege Hans-Joachim Barth: "Wir haben hier immer zwischen 60 und 70 Prozent." Und das unabhängig davon, ob mehrere Listen zur Wahl stehen oder nur eine - wie es in Weierweiler schon zum wiederholten Male so ist. Auch hier hat, wie in Bergen, lediglich die CDU Kandidaten für die Wahl aufgestellt. In Silwingen und Dreisbach hingegen gab es nur eine SPD-Liste. Alfons Rupp war fast 20 Jahr im Ortsrat, tritt aber bei dieser Wahl nicht mehr an: "Ich bin jetzt 80 Jahre alt, darum wollte ich nicht mehr kandidieren." Er habe sich aber bereit erklärt, nochmal als Wahlhelfer dabei zu sein, sagt Rupp. "Wir haben auf unserer Liste viele junge Leute, das ist erfreulich." Der Umstand, dass es keine konkurrierenden Listen mehr gibt, sorgt aus seiner Sicht nicht für Schwierigkeiten, noch genügend Kandidaten für die Wahl zu finden.

Boris Schmitt, der zusammen mit Gesa Weinand das Wahlhelfer-Team in Weierweiler komplettiert, würde am bestehenden Wahlsystem im Fall von nur einer Liste dennoch etwas ändern: Er fände es gut, wenn die Bürger auch in diesem Fall ein Kreuzchen machen könnten, sagt er: "Bei allen anderen Gremien läuft die Wahl übers Ankreuzen. Nur beim Ortsrat machen sie entweder gar nichts oder sollen Namen durchstreichen."

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