Wo Altenkessel klüger macht

Saarbrücken · Einst skeptisch beäugt, heute geschätzte Nachbarn: In den vergangenen 20 Jahren hat sich viel getan zwischen der Waldorfschule und den Altenkesselern. Waldorfschüler und ihre Lehrer sehen sich als Teil des Dorfes. Und sie laden gern zum Kennenlernen eines ungewöhnlichen Lernortes ein.

 Solche Tonfiguren entstehen an der Freien Waldorfschule Saarbrücken im Fach Plastizieren. Sie stehen für den hohen Stellenwert der Kreativität und des Gestaltens im Altenkesseler Unterrichtsalltag. Foto: Charlotte Fischer

Solche Tonfiguren entstehen an der Freien Waldorfschule Saarbrücken im Fach Plastizieren. Sie stehen für den hohen Stellenwert der Kreativität und des Gestaltens im Altenkesseler Unterrichtsalltag. Foto: Charlotte Fischer

Foto: Charlotte Fischer
 Die Schul-Philosophie, der Vielfalt Raum zu geben, spiegelt sich in den Wänden, Türen und Fenstern des Gebäudes. Es zeigt sich, aus der Luft betrachtet, als Oval und kommt weitgehend ohne rechte Winkel aus. Foto: Christa Sander/Waldorfschulverein Saarbrücken

Die Schul-Philosophie, der Vielfalt Raum zu geben, spiegelt sich in den Wänden, Türen und Fenstern des Gebäudes. Es zeigt sich, aus der Luft betrachtet, als Oval und kommt weitgehend ohne rechte Winkel aus. Foto: Christa Sander/Waldorfschulverein Saarbrücken

Foto: Christa Sander/Waldorfschulverein Saarbrücken

"Ich denke, dass die Waldorfschule Altenkessel inzwischen ein Teil des Ortes und integriert ist." Christa Sander von der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Waldorfschulvereins Saarbrücken blickt stolz über die Gebäude der Freien Waldorfschule Saarbrücken . Seit der Grundsteinlegung 1993, nachdem die alte Großwaldschule zu eng geworden war, und schließlich der feierlichen Einweihung im März 1995 hat sich einiges getan in der Schule und drumherum. So kam eine eigene Turnhalle hinzu, nachdem die alte Jahnturnhalle zu klein geworden war. Außerdem wurde der 8000 Quadratmeter große Schulgarten teils gekauft, teils gepachtet. Und es wird fleißig daran und darin gearbeitet.

"Am Anfang wurden wir schon skeptisch beäugt von den Altenkesselern", sagt Sander. Doch inzwischen sei "eine gute Nachbarschaft entstanden". Kein Wunder, ist die Schulgemeinschaft doch um Integration in den Ort bemüht, lädt zu Veranstaltungen und Basaren ein, nimmt am Altenkesseler Markt teil. "Das kommt richtig gut an", sagt Sander. Was ist eigentlich eine Freie Waldorfschule? Das ist nicht so einfach zu beantworten, da die Schule schlicht und ergreifend anders ist, als staatliche Regelschulen.

Von der ersten bis zur zwölften Klasse können Schüler die vollkommen auf Selbstverwaltung durch Lehrer und Eltern aufbauende Privatschule besuchen. Alle üblichen Abschlüsse sind möglich: Hauptschulabschluss, Mittlerer Bildungsabschluss, Abitur. Eine gehörige Portion Sozialkompetenz am Ende der Schulzeit soll jeder Lernweg in Altenkessel beinhalten. Herkömmliche Fächer wie Mathe oder Deutsch vermitteln die Lehrer im Blockunterricht, der alle drei Wochen wechselt. Vor allem legt die Schule auf den praktisch-künstlerischen Bereich viel Wert. Fächer wie Gartenbau (Klassenstufe sechs bis acht), Kupfertreiben, Schmieden, Werken, Imkern, Schneidern, Musizieren, Theater spielen machen den Kindern nicht nur viel Spaß, sondern lassen sie auch viel für ihr späteres Leben mitnehmen.

"Die Kinder lieben an den Fächern vor allem, dass sie dabei auch mal sprechen dürfen", sagt Eva Linsler. Sie ist Mutter eines Schülers und arbeitet mit in der Verwaltung der Schule. Gartenbau sei wohl das Lieblingsfach der Mittelstufe, stellt Linsler fest. Im großen Schulgarten fällt das ganze Jahr über Arbeit an. Da heißt es aussäen, Beete in Schuss halten, Unkraut ausrupfen, ernten. Wichtige Themen, die ihnen auf den Nägeln brennen, besprechen die jungen Leute mit dem Gartenbaulehrer. Da es im Gegensatz zu Regelschulen keinen festen Lehrplan gibt, haben Lehrer den nötigen Freiraum, ihren Unterricht sozusagen den Schülern anzupassen. "Oft entstehen aus dem Unterricht heraus auch Klassenprojekte, die dann mit allen gemeinsam durchgeführt werden", erzählt Sander. Aktuell läuft ein Projekt, um den Flüchtlingen in Lebach Sachspenden zukommen zu lassen, die wirklich gebraucht werden.

Eine Verzahnung möglichst aller Fächer und umfassende Praktika sollen die Schüler bestmöglich auf das Berufsleben vorbereiten - und dabei Raum lassen, Kreativität, Persönlichkeit, Selbstsicherheit zu entwickeln. Weil die Klassen bis zum Ende zusammenbleiben, werden sie Gemeinschaften, die sich Form geben. Ohne den Druck von Zensuren - bis zur elften Klasse - und Sitzenbleiben haben sie die Möglichkeit, sich zu entfalten und gegebenenfalls zurechtzurücken. "Unsere Schüler bekommen ein ausführliches schriftliches Zeugnis, das etwa sechs Seiten enthält. Das ist weit aussagekräftiger als eine Note", sagt Linsler.

Am Samstag, 10. Oktober, ist Tag der offenen Tür. Wer Einblick in den Unterricht nehmen möchte, sollte vor 8 Uhr da sein. Führungen werden ab 8.15 Uhr angeboten, ab 9.30 Uhr findet im Festsaal eine Feier statt. Um 11 Uhr gibt's eine Info- und Gesprächsrunde. Während des Tages bietet der Hort der Schule Kinderbetreuung an.

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