WM-Korso: Verboten und doch geduldet

St Wendel · Große Deutschlandfahnen wehen aus fahrenden Autos. Fröhliche Menschen sitzen in den Fensterluken ihrer rollenden Wagen. Hupen dröhnen ohne verkehrstechnisch ersichtlichen Grund. Begleiterscheinungen der Fußball-Weltmeisterschaft.

 Autokorso in St. Wendel nach dem Vorrundenspiel Deutschland – Portugal: Fans feiern auf den Straßen der Stadt. Die Polizei greift nicht ein, so lange niemand gefährdet wird. Foto: Bonenberger & Klos

Autokorso in St. Wendel nach dem Vorrundenspiel Deutschland – Portugal: Fans feiern auf den Straßen der Stadt. Die Polizei greift nicht ein, so lange niemand gefährdet wird. Foto: Bonenberger & Klos

Foto: Bonenberger & Klos

Kurz vor acht am Montagabend: Die Fußballpartie Deutschland - Portugal ist soeben abgepfiffen. 4:0 hat die DFB-Elf die Südeuropäer in ihrem Auftaktspiel bezwungen. Die Anhänger des Jogi-Teams können's kaum erwarten, ihre Freude auf die Straße zu tragen. Schon rollen sie mit ihren Automobilen durch die St. Wendeler Innenstadt. Ausgelassene Partystimmung mitten im Straßenverkehr. Da, wo es trotz sommerlichen Wetters bis vor ein paar Minuten noch wie ausgestorben schien.

Die Polizei - sie steht am Straßenrand und blickt wachsam auf die Wagenparty. Die sie eigentlich stante pede stoppen müsste. "Autokorsos sind generell verboten", sagt Volker Klos von der St. Wendeler Polizei . Sie verstießen gegen Verkehrsrecht. Doch während solch eines sportlichen Großereignisses blickten Ordnungshüter über zivilisiert verlaufenden Jubeltaumel auch mal großzügig hinweg. "Zur Weltmeisterschaft und Europameisterschaft alle zwei Jahre wird das toleriert", sichert der Beamte zu. Wenn das Ganze in "sozial adäquatem Verhalten" abläuft. Was übersetzt so viel bedeutet: Niemand darf gefährdet werden. Und da setzten er und seine Kollegen die selben Sicherheitsmaßstäbe an wie im regulären Straßenverkehr.

"Kleinere Fahnen aus dem Autofenster schwenken ist kein Problem." Doch große Flaggen aus dem Schiebedach "geht gar nicht". Zu den indiskutablen Sicherheitsregeln gehöre auch, dass sich Fußball-Fans nicht in ein fahrendes Cabrio stellen. Ebenso verboten: der sitzende Transport im offenen Kofferraum. Weil gefährlich, ahndeten die Ordnungshüter auch folgende Vergehen: stärkeres Beschleunigen mit quietschenden Reifen, zu geringer Sicherheitsabstand. Und: "Natürtlich gilt ein absolutes Alkoholverbot für die Fahrer." Sie blieben auch an solchen Ausnahmetagen für alle Mitfahrer verantwortich. So gelte uneingeschränkt die Anschnallpflicht, was Kicker-Freunde ausschließe, die sich aus Fenstern hängen, womöglich sogar auf deren Rahmen sitzen und Passanten zuprosten. Immer wieder ebenfalls zu sehen: Feiernde in Oben-ohne-Wagen, die auf den Kopfstützen der Rücksitze hocken. Klos: "Das ist nicht erlaubt." Genauso das willkürliche Hupen, das Autokorsos in aller Regel begleitet. Absolut tabu: Fahnen, die über der Windschutzscheibe hängen und dem Menschen am Steuer die Sicht versperren.

Wird die Polizei auf Vergehen aufmerksam, greife sie aber nicht zu drakonischen Sanktionen. "Beim ersten Mal wird mündlich verwarnt", versichert Klos einen moderaten Umgang mit Minimalverstößen. Wird's gravierender, winken die Beamten die Verkehrssünder aus der Kolonne kurzerhand raus.

Der Siegestaumel am Montag sei in geordneten Bahnen verlaufen, meldet Klos. "Wir hatten keine Beschwerden." Die Erfahrung zeige, dass die Teilnehmerzahl an Autokorsos im Verlauf des Wettkampfs zunehme.

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