„Wir wünschen uns, dass er nochmal antritt“

Dass Oskar Lafontaine die Linkspartei noch einmal als Spitzenkandidat in die Landtagswahl führt, sei für die Partei „ganz wichtig“, sagt Linken-Landeschefin Astrid Schramm im Gespräch mit SZ-Redakteurin Ute Klockner. Doch das ist offen.

 Astrid Schramm vor der Burg Bucherbach in Köllerbach, ihrem Lieblingsort.

Astrid Schramm vor der Burg Bucherbach in Köllerbach, ihrem Lieblingsort.

Foto: Oliver Dietze

Im März sind Landtagswahlen . Was werden die zentralen Themen der Linken für den Wahlkampf?

Schramm: Die Mitarbeiterbeteiligung in Unternehmen wird ein zentrales Thema. Wir wollen, dass die Belegschaft Anteile an der Firma hält und auch bei Übernahmen mitentscheiden kann. Es soll nicht länger so sein wie bei den Beckinger Schraubenwerken (Whitesell), dass Heuschrecken möglichst viel Kapital aus dem Unternehmen rausholen und das Wohl der Mitarbeiter keine Rolle spielt. Auch die Stahlstiftung ist ein Erfolgsmodell ohne private Eigentümer. Daneben werden wir für unser Projekt "Saar Sozial" werben. Nach dem Aus für die Bürgerarbeit ist zu wenig geschehen, um die Situation von Langzeitarbeitslosen zu verbessern. Wir wollen sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze auf dem zweiten Arbeitsmarkt schaffen, indem wir eine Bundesratsinitiative für einen Mindestlohn von zwölf Euro fordern, damit die Menschen im Alter auch von ihrer Rente leben können.

Wird die Windenergie, deren Ausbau die Linke ablehnt, eine Rolle spielen?

Schramm: Ja, denn viele Saarländerinnen und Saarländer wollen die Landschaftszerstörung nicht mehr hinnehmen selbst das grün geführte Baden-Württemberg stoppt den Ausbau der Windenergie. Es gibt zudem Hinweise, dass Windkraft gesundheitliche Risiken birgt. Solange diese nicht ausgeschlossen sind, muss man das Ganze kritisch hinterfragen. Im Namen des Klimaschutzes wird die Landschaft zerstört und viel Wald gerodet. Das ist doch Irrsinn!

Wäre das Thema ein Hindernis für eine rot-rot-grüne Koalition, da die Grünen Verfechter der Windkraft sind?

Schramm: Grün und Landschaftszerstörung passt nicht zusammen. Wir stehen zu unseren Überzeugungen. Auch bei den Ländern Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz beginnt ein Umdenken und auch hier sind die Grünen an den Landesregierungen beteiligt.

Glauben Sie, dass die SPD mit Ihnen koalieren möchte, um die Ministerpräsidentin zu stellen?

Schramm: Das hätte die SPD längst haben können, wir haben viele gemeinsame Inhalte. Wir sind von zahlreichen Abstimmungen der SPD-Fraktion enttäuscht: Ein SPD-Parteitag hatte sich gegen das Freihandelsabkommen TTIP ausgesprochen, eine Woche später hat die Fraktion unserem Antrag, TTIP abzulehnen, nicht zugestimmt.

Was würde es für die Linke bedeuten, wenn Oskar Lafontaine nicht mehr kandidiert?

Schramm: Wir wünschen uns, dass er noch einmal kandidiert, weil das für die Linke ganz wichtig ist. Er ist bekannt als derjenige, der den Finger in die Wunde legt und für soziale Gerechtigkeit eintritt.

Falls er nicht antritt: Wären Sie bereit, die Linke als Spitzenkandidatin in den Wahlkampf zu führen?

Schramm: Damit befassen wir uns jetzt nicht.

Umfragen sehen die Linke bei zwölf Prozent, zwei Punkte mehr als vor einem Jahr, aber vier weniger als bei der letzten Landtagswahl. . .

Schramm: Vor der letzten Landtagswahl hatten wir die gleiche Prognose und hatten vier Prozent mehr zugelegt. Viele Leute sind mit der großen Koalition nicht mehr zufrieden.

Wie wollen Sie verhindern, dass große Teile Ihrer Kernklientel zur AfD überläuft wie bei den Wahlen in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt?

Schramm: Die AfD ist eine Partei, die für Rentenkürzung eintritt und den Mindestlohn infrage stellt. Sie will die Erbschaftssteuer abschaffen, sie will keine Vermögenssteuer. Sie hat eine Familienpolitik der 50er Jahre: Frauen an den Herd! Sie stellt sich als Protestpartei da, will aber wie CDU und SPD und Grüne Sozialabbau. Unsere Aufgabe ist es, mit den Menschen vor Ort zu diskutieren und aufzuklären, dass eine Stimme für die AfD gegen ihre Interessen ist

Weswegen haben so viele Arbeiter und Arbeitslose die AfD gewählt?

Schramm: Es herrscht eine große Politikverdrossenheit . Vieles was im Wahlkampf versprochen wurde, wird nicht umgesetzt. Viele sind nicht wählen gegangen. Ein Mittel gegen Politikverdrossenheit wäre mehr direkte Demokratie. Aber die Hürden für Volksbegehren sind im Saarland viel zu hoch!

Worüber haben Sie sich bei der großen Koalition besonders geärgert?

Schramm: Die zahlreichen Baustellen wie das leer stehende HTW-Hochhaus. Auch ist offen, wie es mit dem Pingusson-Bau weitergeht. Auch der Vierte Pavillon ist eine Riesenpleite. Die Landesregierung hat mit etlichen Korruptionsfällen zu kämpfen und der Fledermausbau hat uns lächerlich gemacht.

Können Sie versprechen, dass es unter einer Regierung mit Linken-Beteiligung keine solchen Fehlleistungen gibt?

Schramm: Alle machen Fehler, aber man muss dann Konsequenzen ziehen. Nehmen Sie das Meeresfischzucht-Desaster. Annegret Kramp-Karrenbauer hat das mitzuverantworten und der Völklinger Oberbürgermeister kann nicht die Schuld auf den Geschäftsführer der Stadtwerke schieben und Personal abbauen. Das ganze Projekt hätten wir rechtzeitig gestoppt.

Zum Thema:

Hintergrund Die Burg Bucherbach im Püttlinger Stadtteil Köllerbach hat sich die Linken-Parteivorsitzende, Astrid Schramm (60), als Lieblingsort in ihrer Heimatgemeinde als Fotomotiv ausgesucht. "Hier war schon in der Jugend unser Treffpunkt. Es ist einfach ein toller Ort und ein großes Stück Heimat", sagt Schramm, die im Köllerbacher Ortsteil Etzenhofen lebt. Heute finden auf dem Gelände zahlreiche Events wie Konzerte oder Märkte statt. Auf dem benachbarten Sportplatz hat Schramm einst ihr bislang einziges Sportabzeichen abgelegt. ukl

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