„Wir Saarländer können das“

Saarbrücken · Zum „Tag der Architektur“ 2016 lädt die Architektenkammer des Saarlandes (AKS) an diesem Wochenende, 25./26. Juni ein. Der neue AKS-Präsident, der Saarlouiser Architekt Alexander Schwehm, erweist sich im Interview mit SZ-Redakteur Johannes Werres über den Architekturtag als diskussionsfreudiger Vertreter seines Standes. Der Tag steht unter dem Motto „Architektur für alle“. Im Kreis Saarlouis gibt es diese Führungen: Kita Neuforweiler, der frühere Marstall auf dem Linslerhof und der Ravelin V in Saarlouis. Die Liste aller Angebote im Saarland findet sich im Internet. aksaarland.de

Herr Schwehm - Tag der Architektur, im Saarland organisiert von der Architektenkammer, deren neuer Präsident Sie sind. Wer sollte sich die für einen Besuch ausgewählten Gebäude ansehen?

Alexander Schwehm: Vor allem Leute mit einem Bauvorhaben. Sie sollten sich das anschauen, damit sie von den Eindrücken der Hochglanzprospekte wegkommen und sehen, wie schön ein Gebäude tatsächlich sein kann. Das ist es, was Architekten können, es ist anders als die, wie ich es nenne, konfektionierte Ware. Viele kaufen sie und wollen dann doch Änderungen - das wird oft schwierig. Beim Tag der Architektur sieht man, dass ein Haus geschneidert sein kann wie ein Maßanzug.

Der ein Vielfaches des Anzugs von der Stange kostet.

Schwehm: Im Endeffekt ist es nicht teurer, als die Pläne von der Stange zu kaufen. Auch die Bauzeit eines Einfamilienhauses unterscheidet sich letztlich nicht - abgesehen von Häusern in richtiger Fertigbauweise. Ich möchte lieber nicht daran denken, was mit der Zeit aus Wohngebieten mit vielen Fertighäusern wird, wenn dort um- und angebaut wird. Bei Architektenhäusern gibt es immer noch sinnvolle Möglichkeiten dazu. Ein guter Architekt hat das Grundstück auch komplett im Auge und sieht, wo bei Bedarf noch Platz wäre zum Anbauen.

Haben Sie den Eindruck, dass sich Verantwortliche in den Rathäusern und den Räten in Sachen Architektur weiterentwickeln? Dort wird ja über Neubauvorhaben entschieden.

Schwehm: Ich würde mir das wünschen. Ich sehe aber, dass die Entscheidungsträger nicht vom Fach sind. Das bedaure ich sehr, weil oft das Verständnis fehlt. Ob zum Beispiel in Saarlouis ein wunderschönes altes Gebäude von neuen Mehrfamilienhäusern in die Zange genommen würde, wenn Fachleute entscheiden? Die Monotonie der neuen Gebäude wird aufgelöst, aber dem alten Bauwerk tut das nicht gut.

Konkurrieren die Interessen von Investoren und Architekten, gewinnt man den Eindruck, dass die Architekten oft verlieren.

Schwehm: Die Architekten verlieren deshalb, weil die Investoren monetär die besseren Karten haben. In Saarlouis zum Beispiel wurden in den letzten Jahren sehr viele Mehrfamilienhäuser gebaut, und - man könnte sie architektonisch alle etwas besser machen. Es tut der Stadt auch nicht gut, wenn an jeder Stelle Wohnraum für Besserverdienende geschaffen wird. Saarlouis braucht mehr sozialen Wohnungsbau. Übrigens ist das, was die städtische GBS für diesen Zweck früher gebaut hat, architektonisch besser als heute die meisten neuen Mehrfamilienhäuser . Das hatte Qualität. Wir brauchen diesen sozialen Wohnungsbau auch heute - sonst bekommen wir hier in Saarlouis eine ganz einförmige Gesellschaft.

Herr Schwehm, welche der Gebäude, die Sie entworfen haben, gefallen Ihnen selbst besonders?

 Ravelin V (2015) von HDK Dutt und Kist: Führungen an diesem Samstag und an diesem Sonntag jeweils von 11 bis 12.30 Uhr. Treffpunkt: Bastion VI, über griechischem Lokal). Foto: HDK

Ravelin V (2015) von HDK Dutt und Kist: Führungen an diesem Samstag und an diesem Sonntag jeweils von 11 bis 12.30 Uhr. Treffpunkt: Bastion VI, über griechischem Lokal). Foto: HDK

Foto: HDK

Schwehm: Was mir sehr gut gefällt, ist die Einsegnungshalle in Saarlouis-Beaumarais. Es ging darum, die alte Mauer zu respektieren und dann etwas dazuzustellen, das dazu passt. Ganz anders die Erweiterung des Kindergartens in Beaumarais, die gefällt mir auch besonders. Die Kita hatte im Bestand eine sehr gute architektonische Qualität und sollte so erweitert werden, dass man es nicht sah. Man muss ja nicht noch verbessern, was schon gut ist. Die Erweiterung des Guten fällt nicht auf, und das ist das Gelungene. Aber das ist dieses An- und Umbauen. Wir Saarländer können das. Wir mussten immer so arbeiten und sind das gewohnt. Ich glaube, das ist die Baukultur, die zu uns passt.

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