Wie viel Geduld brauchen Patienten?

Saarbrücken · Die Bundesregierung will gegen zu lange Wartezeiten auf einen Facharzt-Termin vorgehen. Die Ärzteschaft will ihre Termine lieber selber regeln. Im Saarland gibt es bereits das Instrument der „Dringlichen Überweisung“. Eine Studie soll nun klären, ob die auch funktioniert.

 Eine Ärztin schaut auf das Röntgenbild einer Patientin vor dem MRT. Foto: fotolia

Eine Ärztin schaut auf das Röntgenbild einer Patientin vor dem MRT. Foto: fotolia

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In der nächsten Woche startet saarlandweit ein sechsmonatiges Forschungsprojekt zur sogenannten "Dringlichen Überweisung" in Arztpraxen. Es soll unter anderem klären, wie lange Patienten mit Überweisung auf einen Facharzttermin warten müssen - insbesondere dann, wenn deren Hausarzt eine besondere Dringlichkeit anmahnt. Gestern konstituierte sich dazu unter Leitung von Saar-Gesundheitsminister Andreas Storm (CDU) ein Beirat, der das Projekt begleiten soll.

Für sehr eilige Fälle gebe es im Saarland zwar bereits das Instrument der "Dringlichen Überweisung" per Fax, auf der Hausärzte vermerken können, wenn ein Patient binnen einer oder zwei Wochen einen Facharzttermin brauche, sagte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Saarland, Gunter Hauptmann. "Wir haben aber keine Ahnung, ob es funktioniert." Das sollen Betriebswirtschaftler der Saarbrücker Uni nun klären.

Hintergrund ist der Plan der Bundesregierung, die Wartezeiten auf einen Facharzttermin zu begrenzen. Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD vereinbart, die Terminvergabe für gesetzlich Versicherte von einer zentralen Servicestelle bei der KV koordinieren zu lassen. Wenn Patienten dabei nicht binnen vier Wochen einen Termin beim Facharzt bekommen, sollen sie sich ambulant im Krankenhaus behandeln lassen dürfen. Gezahlt werden solle das aus dem Budget für die niedergelassenen Ärzte. Bundesweit hatten sich Ärztekammern und -verbände gegen dieses Modell ausgesprochen und für Alternativen wie die schnelle Überweisung geworben.

Die Studie im Saarland soll vom 1. April bis zum 30. September laufen, erklärte Gesundheitsökonom Martin Dietrich, der für die Organisation des Forschungsprojekts verantwortlich ist. 70 Hausarztpraxen sollen sich demnach daran beteiligen. Stellten sie einem Patienten eine Überweisung aus, bekomme der Patient ein zweites Formular dazu. Dieses nehme der Patient mit zum Facharzt, der das Papier wiederum an die KV schicke, erklärte Dietrich. Auf dem Formular werde vermerkt, ob es sich um eine "Dringliche Überweisung" handelte, wie lange der Patient auf seinen Termin gewartet habe und auf welchem Weg er den Termin bekommen habe, also ob er sich selbst kümmerte, ob die Ärzte telefonisch eine schnelle Behandlung vereinbarten oder per Fax. Patientensensible Daten würden auf dem Papier nicht vermerkt.

In der zweiten Hälfte des Projekts wollen die Wissenschaftler zudem prüfen, ob sich "Dringliche Überweisungen" mit Hilfe von kleinen Vergütungen steuern lassen. Dazu solle jede beteiligte Praxis fünf Euro pro schnelle Überweisung bekommen. Die KV hat dafür 100 000 Euro bereitgestellt. Aufbau, Durchführung und Auswertung der Studie kostet weitere 20 000 bis 25 000 Euro. 10 000 Euro davon schießt das Land zu, den Rest zahlt ebenfalls die Ärzteschaft. Zwischenergebnisse soll es im Juli geben, Abschluss des Projekts ist im Oktober.

Die Studie solle in erster Linie das Gesundheitsmanagement im Saarland voranbringen, sagte Saar-Gesundheitsminister Storm. Wenn sich herausstelle, dass das Verfahren zu einem guten Terminmanagement führe, sei aber auch nicht ausgeschlossen, dass es in die Gesetzgebung im Bund einfließe. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hatte sich zuletzt offen gegenüber der "Dringlichen Überweisung" gezeigt - an seinen Plänen für eine zentrale Termin-Servicestelle aber festgehalten.

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