Wie Vereine Ärger mit dem Gesetz vermeiden

Saarbrücken · Wer einen Verein gründet, sollte sich zuvor mit dem geltenden Recht vertraut machen. Über Bestimmungen des Vereinsrechts sprach SZ-Mitarbeiter Stefan Bohlander mit Rechtsanwalt Daniel Jung.

 Sportvereine, vor allem Fußballvereine, bekommen oft Ärger mit dem Finanzamt. Archivfoto: Thomas Seeber

Sportvereine, vor allem Fußballvereine, bekommen oft Ärger mit dem Finanzamt. Archivfoto: Thomas Seeber

Was sollten Mitglieder bei der Gründung eines Vereins rechtlich beachten?

Daniel Jung: Um einen "e.V.", einen eingetragenen Verein, zu gründen, braucht es mindestens sieben Gründungsmitglieder. In einer Gründungsversammlung müssen die eine Satzung für den Verein verabschieden. In ihr müssen für eine Eintragung im Vereinsregister, zivilrechtlich betrachtet, mindestens der Zweck, der Name und der Sitz des Vereins geregelt sein. Außerdem sollen in ihr Bestimmungen über Ein- und Austritt, über etwaige Mitgliedsbeiträge, den geschäftsführenden Vorstand und die formalen Voraussetzungen für Einberufung und Beschlüsse der Mitgliederversammlungen getroffen werden. Verfolgt der Verein von vornherein gemeinnützige Zwecke und will er wegen der steuerlichen Vorteile und zur Ausstellung von Spendenbescheinigungen vom Finanzamt steuerlich als gemeinnützig anerkannt werden, müssen in der Satzung weitere Voraussetzungen erfüllt sein. Es muss sich daraus ergeben, dass und welche ausschließlich gemeinnützigen selbstlosen Zwecke vom Verein verfolgt werden und wie sie umgesetzt werden. Es muss auch vorgeschrieben sein, dass das Vereinsvermögen ausschließlich für den gemeinnützigen selbstlosen Zweck verwandt wird und nicht an die Vereinsmitglieder zurückfließt, auch nicht im Falle der Vereinsauflösung. In der Gründungsversammlung muss auch ein vertretungsberechtigter Vorstand des Vereins gewählt werden. Dieser hat den Verein und sich selbst dem Vereinsregister beim zuständigen Amtsgericht zur Eintragung in notariell beglaubigter Form anzumelden. Erst mit Eintragung im Vereinsregister als "e.V." erlangt der Verein eigene Rechtsfähigkeit.

Was sind Rechte und Pflichten eines Vereins?

Jung: Ist man eingetragen, ist man eine eigenständige juristische Person, kann also als Verein im eigenen Namen Vermögen erwerben, Geschäfte abschließen oder klagen. Vertreten nach außen wird man durch den vertretungsberechtigten Vorstand. Der Verein hat auch Pflichten. So müssen beispielsweise Änderungen im vertretungsberechtigten Vorstand dem Vereinsregister in notariell beglaubigter Form zur Eintragung unverzüglich angezeigt werden, sonst drohen Zwangsgelder gegen die Verantwortlichen. Für seine Sportanlagen hat der Verein dieselben Verkehrssicherungspflichten wie ein Privatmann oder Gewerbetreibender. Er muss auch etwa aufgenommene Verbindlichkeiten wie Bankkredite bedienen. Wird der Verein nicht zur Eintragung im Vereinsregister angemeldet, handelt es sich um einen "nicht rechtsfähigen Verein". Für diesen gelten mittlerweile nach der Rechtsprechung die Vorschriften über den e.V. fast entsprechend. Der Verein muss gegebenenfalls auch Körperschafts- oder Umsatzsteuer zahlen. Für gemeinnützige Vereine gibt es Steuerbefreiungen oder -vergünstigungen.

Wer haftet im oder für den Verein, vor allem bei einer Insolvenz?

Jung: Bis zur Eintragung im Vereinsregister haften die für den Verein handelnden Personen für Rechtsgeschäfte, die sie für den Verein abschließen, persönlich als Gesamtschuldner. Für Verbindlichkeiten aus Rechtsgeschäften wie Bestellungen oder Krediten, die der vertretungsberechtigte Vorstand für den Vorstand abschließt, haftet dem Geschäftspartner oder Gläubiger in erster Linie der Verein mit seinem Vermögen. Dieser haftet auch mit seinem Vermögen für Schäden, die durch Verschulden seiner Organe Dritten entstanden sind. Hierzu zählen beispielsweise Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche wegen Körperschäden bei Sportveranstaltungen aufgrund schuldhafter Verkehrssicherungspflicht-Verletzungen des Vorstands. Ist der Verein überschuldet oder zahlungsunfähig, muss der geschäftsführende Vereinsvorstand beim Insolvenzgericht unverzüglich Insolvenzantrag stellen. Tut er dies nicht oder verspätet, drohen ihm zum einen strafrechtliche Sanktionen. Zum anderen können Gläubiger die Mitglieder des geschäftsführenden Vorstands persönlich auf Ersatz eines etwaigen Ausfallsschadens wegen der verspäteten Insolvenzantragsstellung in Anspruch nehmen. Kann der insolvente Verein offene Steuern nicht bezahlen, kann das Finanzamt gegen die Mitglieder des geschäftsführenden Vorstands für Zeiten, in denen die Steuern nicht gezahlt wurden, persönliche Haftungsbescheide erlassen. Zum Beispiel, wenn diese ihren steuerlichen Pflichten als Vorstand vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen sind. Intern können sich auch Schadensersatzansprüche gegen die eigenen Mitglieder oder gegen den Vorstand ergeben, wenn die Vereins- oder Vorstandsmitglieder bei ihrer Tätigkeit für den Verein durch schuldhaftes - auch nur fahrlässiges - Verhalten Vermögensschäden verursacht haben. Für diese Haftung gilt aber für ehrenamtlich Tätige eine Privilegierung: Vorstände oder Vereinsmitglieder, die unentgeltlich tätig sind oder nicht mehr als 720 Euro Vergütung jährlich erhalten, haften dem Verein für bei der Tätigkeit verursachten Schäden nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit, nicht bei einfacher Fahrlässigkeit.

Können Sie einen Fall aus der Praxis schildern, bei dem durch Unwissenheit ein Verein an den Rand der Existenz oder darüber hinaus gebracht wurde?

Jung: Aufgrund der anwaltlichen Schweigepflicht kann kein konkreter Fall geschildert werden. Aber allgemein kann gesagt werden, dass als gemeinnützig anerkannte Sportvereine, vor allem Fußballvereine, oft Ärger mit dem Finanzamt bekommen. Zum Beispiel bekommen Vereins- oder Vorstandsmitglieder eines gemeinnützigen Vereins einfach in der Höhe der Einkommenssteuerfreibeträge die so genannte Ehrenamtspauschale ausbezahlt, ohne dass es dafür in der Satzung eine ausdrückliche Grundlage gibt. Es ist oft nicht bekannt, dass die Satzung für solche Zahlungen eine Grundlage vorsehen muss. Denn ansonsten ist die Tätigkeit des Vorstands bis auf Erstattung tatsächlicher Auslagen unentgeltlich, und die ohne Satzungsgrundlage erfolgte Auszahlung der Ehrenamtspauschale ist rechtswidrig, strafrechtlich eine Untreue und verstößt gegen die Gemeinnützigkeitsvorschriften. Die Folge: Der Verein verliert - womöglich rückwirkend - die Gemeinnützigkeit und muss Steuern nachzahlen. Oft stellt sich bei einer Prüfung auch heraus, dass Zahlungen an Spieler, die als Auslagenersatz behandelt wurden, zum Beispiel pauschale Fahrtgelder, in Wirklichkeit als lohnsteuerpflichtige Gehälter zu behandeln gewesen wären. Einnahmen aus Bandenwerbung und Sponsoring und aus Sportveranstaltungen können körperschaftssteuerpflichtig sein, was oft verkannt wird. Und auch bei Kostenübernahmen des Vereins für "Vereinsfahrten" der Mitglieder wird oft ein Verstoß gegen die Gemeinnützigkeitsvorschriften gesehen. Als Folge kommt es in derartigen Fällen oft zu hohen Steuernachforderungen, die der Verein nicht bedienen kann, was als letzte Konsequenz dann zur Insolvenz führt und zu Steuerstrafverfahren und persönlichen Haftungsbescheiden gegen die geschäftsführenden verantwortlichen Vorstandsmitglieder.

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Zur Person Rechtsanwalt Daniel Jung, geboren 1976, hat von 1995 bis 2000 an der Universität des Saarlandes Rechts- und Betriebswirtschaftswissenschaften studiert. Seit 2002 ist er als Rechtsanwalt zugelassen und in der Rechtsanwaltskanzlei "Halm & Preßer" in Neunkirchen tätig. Er ist Fachanwalt für Steuerrecht, Erbrecht und Medizinrecht und unter anderem auch Dozent für Vereinsrecht an mehreren Volkshochschulen. bo

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