Wie Piloten bei schlechtem Wetter in Ensheim reagieren

Saarbrücken · In Ensheim und auf Mallorca bleibt Gepäck zurück, weil Flugzeuge bei Nässe in Ensheim sonst nicht sicher starten oder landen können. Damit die Maschinen nicht zu schwer werden, wird mitunter auch weniger getankt – was zu ungeplanten Zwischenstopps führt.

 Für Piloten ist die Länge der Start- und Landebahn in Ensheim bei schlechtem Wetter an der „Untergrenze“. Foto: Becker & Bredel

Für Piloten ist die Länge der Start- und Landebahn in Ensheim bei schlechtem Wetter an der „Untergrenze“. Foto: Becker & Bredel

Foto: Becker & Bredel

Drei aktuelle Ereignisse in den vergangenen zwei Wochen heizen die Diskussion über die Länge - oder besser gesagt: die Kürze - der Landebahn am Flughafen in Saarbrücken neu an. Vergangenen Sonntag war es ein Airbus 320 der Fluggesellschaft Air Berlin, der auf dem Flug nach Mallorca etwa einhundert Koffer in Saarbrücken zurückließ. Air-Berlin-Sprecher Tobias Spaeing erklärte gestern, dass der Pilot nach dem Tanken die Nachricht erhielt, dass noch Sonder- und Sperrgepäck hinzukomme. Da die Landebahn in Saarbrücken kürzer sei, habe der Pilot nach einer Berechnung entschieden, das Gepäck der Fluggäste wieder auszuladen, da eine "Enttankung" mehr Zeit gekostet hätte.

Vor rund zwei Wochen ließ zudem ein Tuifly-Pilot, für den Flug nach Saarbrücken alle Koffer auf Mallorca zurück (die SZ berichtete) - weil er die Landung des vollbesetzten Fliegers auch aufgrund der Länge der Landebahn und des Regens nicht für sicher hielt.

Auch ist die kurze Landebahn offenbar für ungeplante Zwischenstopps mit verantwortlich. SZ-Leser berichteten von Tuifly-Flügen von Saarbrücken nach Fuerteventura, bei denen ein Zwischenstopp im portugiesischen Faro eingelegt wurde. Tuifly erklärte dazu, dass unter der Prämisse, bei den schlechten Wetterverhältnissen alle Passagiere und das komplette Gepäck mitzunehmen, als einzige Variable die Treibstoffmenge geblieben sei, um die Sicherheitsvorschriften einzuhalten. Der Zwischenstopp sei der einzige Weg, einen sicheren Flug mit allen Gästen und ihrem Gepäck zu gewährleisten.

Dass bei den genannten Vorfällen nun weniger die Sicherheit als vielmehr wirtschaftliche Aspekte eine Rolle gespielt hätten, hält Markus Wahl, Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit, für unwahrscheinlich. Zwar sei es nicht unüblich, dass in Passagiermaschinen auch Fracht transportiert wird, sagte er der SZ. Vorrang habe aber das Gepäck der Passagiere . Er ergänzte, dass eine Start- und Landebahn mit 2000 Metern Länge wie in Ensheim "tatsächlich schon die Untergrenze" sei, vor allem, wenn schlechte Wetterbedingungen hinzukämen.

"Wir bedauern das sehr", sagt SCN-Pressesprecher Ludwin Vogel. "Die Landebahn in Saarbrücken erfüllt alle Kriterien für die sichere Landung einer voll besetzten Boeing 737-800 plus Gepäck, auch bei Regen." Diese und andere Kriterien müssten auch erfüllt sein, damit die Airlines und Flugzeughersteller überhaupt die Genehmigung erteilen, dass ihre Maschinen auf dem Flughafen Saarbrücken landen können, erklärt er. Immerhin würden in Saarbrücken jede Woche 15 Flugzeuge in dieser Größenordnung starten und landen.

"Nach unseren Erkenntnissen gibt es keine weiteren Vorfälle", sagt Vogel und verweist auf die Fluggesellschaften : "Das hängt von den Berechnungen des Piloten ab und von Wirtschaftlichkeitsberechnung der Airlines." Auch Axel Raab von der Deutschen Flugsicherung sagt: "Damit hat der Flughafen nichts zu tun. Die Airlines entscheiden, welche Flugzeugtypen welche Flughäfen anfliegen." Und deren Piloten entscheiden, mit welchem Gewicht sie fliegen.

Meinung:Ein Schönwetter-Flughafen?

Von SZ-Redakteur Oliver Schwambach

Ohne Frage, der Flughafen Saarbrücken ist klasse, wenn man fix nach Berlin will oder Mallorca. Für viele Saarländer liegt der Airport quasi vor der Haustür. Kurze Wege und schnelle Abfertigung machen das Reisen angenehm. Die Kehrseite aber: Mit seiner kurzen Start- und Landebahn, die Piloten immer wieder zaudern lässt, erweist sich Ensheim allzu oft als Schönwetter-Flughafen. Letztlich ist die kurze Piste bereits ein Geburtsmakel des Saar-Airports. Wenn der aber in acht Jahren ohne staatliche Geldspritzen auskommen muss, könnte sie zum K.o.-Argument werden. Die aktuellen Ärgernisse einfach als "Einzelfälle" kleinzureden, ist der falsche Weg. Höchste Zeit zu prüfen, ob sich die Startbahn nicht doch zu vertretbaren Kosten ausbauen lässt.

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