Wie klingt eine halbe Million Euro?

Saarbrücken · Das Saarland ist kein reiches Bundesland, aber auch hier wird Luxus geschaffen: von Toptechnikern, Spitzenhandwerkern und Genusskünstlern. Wir stellen einige von ihnen und ihre Produkte in loser Folge vor: zum Auftakt Backes & Müller, eine der besten Adressen für Lautsprecher weltweit.

 Reiner Klanggenuss: Das ist der schönste Moment für Johannes Siegler, Chefentwickler und Geschäftsführer der Saarbrücker Lautsprechermanufaktur Backes & Müller, wenn seine Lautsprecher so klingen, wie er sich das vorstellt. Die BMLine 100 (hier im Bild) ist allerdings nur etwas für Vermögende: Das Paar kostet 500 000 Euro. Fotos: Backes & Müller

Reiner Klanggenuss: Das ist der schönste Moment für Johannes Siegler, Chefentwickler und Geschäftsführer der Saarbrücker Lautsprechermanufaktur Backes & Müller, wenn seine Lautsprecher so klingen, wie er sich das vorstellt. Die BMLine 100 (hier im Bild) ist allerdings nur etwas für Vermögende: Das Paar kostet 500 000 Euro. Fotos: Backes & Müller

 Am Anfang eines Superlautsprechers steht kunstvolles Schreinerhandwerk.

Am Anfang eines Superlautsprechers steht kunstvolles Schreinerhandwerk.

 Das Gehäuse der BMLIne 100 besteht zu großen Teilen aus Edelstahl.

Das Gehäuse der BMLIne 100 besteht zu großen Teilen aus Edelstahl.

Freude sucht sich eigene Wege: Wirklich zufrieden ist Johannes Siegler erst, wenn man das, was er in Jahren austüftelte, nicht mehr sieht. Es vor den Augen quasi verschwindet. Dafür aber Stan Getz sein Saxofon zum "Lullaby of Birdland" ansetzt. Oder man überwältigt ist, wie grandios Riccardo Chailly sein Orchester durch Beethovens "Eroica" führt: Jede einzelne Geige des Orchesters lässt sich orten. Als säße man mitten im Leipziger Gewandhaus.

"Wenn sich der Klang vom Lautsprecher löst, haben wir unser Ziel erreicht", freut sich Ziegler am Vorführeffekt der Prunkstücke von "Backes & Müller" - der BMLine 100. Bloß, übersehen kann man diese 2,30 Meter Metalltitanen beim besten Willen nicht. Mächtig wie Schiffshörner - und Hörnern tatsächlich nachempfunden. Von den Lautsprecherkisten, die sich Ottonormal-Hörer im Elektromarkt kauft, sind sie mindestens so weit entfernt wie ein Dacia von einem Bugatti Veyron. Was für Qualität wie Preis gilt. Eine halbe Million Euro muss man für die Flaggschiffe von B & M, (sprich "Bi änd Em") wie sich die nach den Firmengründern benannte Saarbrücker Betrieb auf internationalem Parkett nennt, ausgeben können. Und das ist noch das Günstigste am Hörvergnügen. Denn die Edelstahlgiganten brauchen Platz. Eine Wolkenkratzeretage oder eine Villa sollte es schon sein - mit wenigstens 300 Quadratmeter Wohnraum. Dafür sind die Riesen-Töner ideal.

In Gegenden, wo sich solche Immobilien häufen, findet sich auch die Kundschaft der Manufaktur. Frankfurter Banker, Düsseldorfer Unternehmer und Münchner Manager zählen dazu. Meist Männer mittleren Alters, so Geschäftsführer und Mitinhaber Johannes Siegler. Und der Musikgeschmack? Da sind Klassik-Freunde ebenso vertreten wie Jazz-Fans. "Im Saarland verkaufen wir eher wenig", sagt Siegler, der rein äußerlich auch als Frontmann einer Rockband durchgehen könnte. Insgesamt verlassen ein paar Hundert Lautsprechersysteme die Saarbrücker Firma pro Jahr. Bei 9000 Euro pro Boxen-Doppel beginnt der Einstieg ins B & M-Universum; danach klettern die Preise fix über die 50 000-Euro-Marke.

"Was wir machen, ist Luxus. Wer einfach nur gut Musik hören will, kann sich auch einen Kopfhörer für 300 oder 400 Euro kaufen", sagt Siegler. Der Elektrotechnik-Ingenieur weiß, wovon er redet. Seit über 14 Jahren ist er Geschäftsführer und auch so etwas wie der Retter von Backes & Müller. Als er einstieg, war das Unternehmen Teil der insolventen Autosund-Gruppe. Siegler polierte aber nicht nur den alten Glanz wieder auf, er führte B & M auch in ein neues Zeitalter, entwickelte Lautsprecher mit digital entzerrter Wiedergabe, was den besonderen natürlichen Klang ausmacht. Damit katapultierte er Backes & Müller, die seit 1974 bereits erstklassige Aktivlautsprecher bauten, das heißt mit eigenen Verstärkern im Lautsprechergehäuse, in die Top-Liga. Der heute 53-Jährige hatte zuvor bereits Lautsprecher für Tonstudios und Konzerthäuser entwickelt. Seine Kunden waren und sind - dafür ist seine zweite Firma KS Digital zuständig - Profis in Sachen Klang.

Genauso wichtig aber ist, dass man beim Saarbrücker Hersteller fast nichts aus der Hand gibt. Die Holzgehäuse lässt man von zwei spezialisierten Schreinern in der Region fertigen. Ansonsten aber ist quasi alles "Made in Saarbrücken ". Sogar die Platinen der Verstärker für die Aktivboxen bestücken die zehn Mitarbeiter selbst. "Weil wir alles selbst in der Hand haben, können wir die Teile perfekt aufeinander abstimmen", sagt Produktionsleiter André Hammerschmidt. Und trotz vieler Messgeräte sind seine wichtigsten Kontrollinstrumente immer noch seine Ohren. Morgens früh, wenn es ruhig ist, hören er oder Siegler sich jedes einzelne Lautsprecherchassis an.

Bislang wurde übrigens noch keine BMLine 100 verkauft. Doch bei diesem Modell schaut Siegler nicht so sehr auf den Verkaufserfolg. Sie sollen auch Türöffner sein zu den Superreichen in Russland, Asien und den arabischen Ländern. "Von dort wurde uns bisher immer gesagt, ihr seid zu günstig, zu unauffällig." Seine Flaggschiffe zeigen darum nun deutlich, was Lautsprecher von B & M können.

Am 4. Oktober ist bei B & M von zehn bis 18 Uhr Tag der offenen Tür; Altenkessler Straße 17/01, Saarbrücken .

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