Wie eine Familie, in der Ältere die Jüngeren an der Hand nehmen

Gersweiler/Rockershausen · Das Saarland ist reich an Musikvereinen. Es gibt eine lange Tradition des gemeinsamen Musizierens. Aber mit G8-Abitur und sinkenden Geburtenzahlen haben auch die Freizeit-Orchester zu kämpfen. Wir wollen wissen, was die Musikvereine tun, um ihren musikalischen Nachwuchs bei der Stange zu halten und stellen in loser Folge die Jugendarbeit der Orchester vor. Heute: der Musikzug Saarbrücken-Gersweiler 1957.

 Der Nachwuchs des Musikzugs Gersweiler mit Thomas Scheuermann und Selina Schmitz (mit Babys auf dem Arm). Foto: Astrid Karger

Der Nachwuchs des Musikzugs Gersweiler mit Thomas Scheuermann und Selina Schmitz (mit Babys auf dem Arm). Foto: Astrid Karger

Foto: Astrid Karger

Ein Musikzug geht oder steht, der Musikverein sitzt. So könnte man grob unterscheiden. Ein Musikzug gehört zur Fastnacht, zum Dorffest, jedenfalls unter die Leute. Die Menschen spielen auch die Hauptrolle beim Musikzug Gersweiler. Das Einzugsgebiet ist groß, die Mitglieder kommen aus Dudweiler und sogar Saarlouis, denn in den Verein wird man quasi hineingeboren und bleibt ihm treu, auch wenn der Wohnort wechselt. "Musikvereine produzieren ihren Nachwuchs selbst", heiße es etwas spöttisch, erklärt Jugendleiter Thorsten Scheuermann den steten Zugang beim Musikzug Gersweiler. Die Kinder werden von den Eltern mitgebracht. Selbst Vater einjähriger Zwillinge, die selbstverständlich bereits Mitglieder sind und fröhlich glucksend von Arm zu Arm wandern, kümmert er sich mit Selina Schmitz um die Vereinsjugend.

17 - davon 13 aktive - Kinder und Jugendliche gibt es beim Gersweiler Musikzug. Sobald sie nicht mehr von der Bühne krabbeln, werden die Kleinen integriert, es gibt keine Untergruppen, alle spielen zusammen. Die jüngsten Trompeter spielen nicht nach Noten, sondern finden anhand von Zahlenreihen das richtige Ventil. Musikalische Früherziehung und Instrumentalunterricht bilden ein Grundgerüst für die gemeinsame Arbeit am Repertoire. Selina Schmitz und Thorsten Scheuermann sind selbst im Verein aufgewachsen, "wie eine Familie, manche entfernen sich für eine Weile, kommen dann aber wieder zurück."

Jeder sei für jeden da, gegenseitige Hilfe auch beim Umzug zum Beispiel eine Selbstverständlichkeit. Das läge wohl ein bisschen auch am Saarland, meint Thorsten Scheuermann dazu.

Einen Umzug hat auch der Musikzug Gersweiler hinter sich, geprobt wird im Altenkesseler Ortsteil Rockershausen. Selina Schmitz und Thorsten Scheuermann vermitteln "ihren" Jugendlichen Gemeinschafts- und Verantwortungsgefühl, bemühen sich, beim Basteln und Plätzchenbacken, bei Ausflügen auf die Kartbahn oder in den Holidaypark, immer alle mitzunehmen. So lernen die Älteren, die Kleinen an die Hand zu nehmen, und die Kleinen, dass sie vielleicht mal nicht im Vordergrund stehen. Konkurrenz bilden die Sportvereine, im Image oft attraktiver als ein Musikverein. Die engagierten Jugendleiter bringen ihren Verein gut ins Rennen, gehen auch auf die Wünsche ein -"wir wollen zu McDonald's" - und haben immer wieder neue Ideen für Ausflüge. Der nächste wird die Gruppe zu einer Alpaka-Farm führen. Auch Scheuermanns Kinder machen im Verein mit, seine Frau jedoch war vor Jahren aus ganz freien Stücken beigetreten.

Kontakt per E-Mail:

post@musikzug-gersweiler.de.

musikzug-gersweiler.de

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