Wie die „Kaffeebohne“ überlebte

Saarbrücken · Acht Monate langes Warten auf den Erbschein, Stress mit der Hausbank, ein unfreundlicher Anruf der Vermieter – den Kaffeeladen gegenüber dem Discontohochhaus weiterzuführen, war gar nicht so einfach.

 Ralph Menn hat wenig geändert im Laden seines Onkels. Foto: Martin Rolshausen

Ralph Menn hat wenig geändert im Laden seines Onkels. Foto: Martin Rolshausen

Foto: Martin Rolshausen

Herrn Menn "Herr Menn" zu nennen, war plötzlich ein Problem. Der Herr Menn sei doch tot, sagte eine langjährige Mitarbeiterin zu Herrn Menn. Sie könne doch nicht einfach weiter "Herr Menn" sagen. Ralph Menn, der vor einem Jahr das Kaffeegeschäft seines Onkels Willi geerbt hat, hatte einen einfachen Vorschlag: Man redet jetzt "vom alten Herrn Menn und vom neuen Herrn Menn", sagt er. "Junger Herr Menn" fand er unangebracht, schließlich ist er 51. Am 29. Dezember 2013 ist Willi Menn im Alter von 85 Jahren gestorben. 63 Jahre lang war er der Inhaber des Traditionsgeschäfts "Die Kaffeebohne" in der Saarbrücker Innenstadt. Sein Neffe musste sich innerhalb weniger Stunden entscheiden: weitermachen oder für immer zusperren. Ralph Menn entscheid sich fürs Weitermachen.

Und er handelte sich damit Probleme ein, die nicht so leicht zu lösen waren wie die Sache mit dem alten und dem neuen Herrn Menn.

Weil sein Onkel kein Testament hinterlassen hat, weil drei Generationen zurück nach Erben gesucht wurde und weil das dafür zuständige Amtsgericht offenbar zu wenig Personal habe, hat es acht Monate gedauert, bis Ralph Menn einen Erbschein hatte. Ohne Erbschein kam er nicht ans Firmenkonto. Die Bank wollte ihm nicht mal sagen, wie es um die Finanzen des Betriebs bestellt ist. Dazu kam, dass sein Onkel, "kranheitsbedingt", wie Menn sagt, eine ganze Weile keine Buchführung mehr gemacht hat, sondern alle Rechnungen und Belege in eine Kiste warf.

Sechs Fachanwälte und zwei Steuerberaterteams (eins für die Belege der Vergangenheit, eins für den aktuellen Betrieb) waren nötig, um durchs schwierige Fahrwasser zu kommen. Jetzt, sagt Ralph Menn, sei der Laden "stabil".

Der Mann, der sein Geld mit Kommunikationstechnologie verdient und eine Weile in den USA war, hat ein Jahr lang seinen Beruf aufgegeben und für einen symbolischen Euro eines der letzten Saarbrücker Traditionsunternehmen saniert. Jetzt will er es zusammen mit seiner Cousine Sabine Winkler-Baronsky nebenberuflich führen.

Inzwischen wird nicht mehr per Fax, sondern übers Internet bestellt, die Röstmaschine wurde gewartet, für 30 000 Euro wurde der Laden behutsam renoviert. Die 70 Jahre alte Kasse bleibt aber in Betrieb. Dass der Laden nicht im Meer der großen Kaufhäuser und Ketten untergegangen ist, sagt Menn, sei aber vor allem zwei Gruppen von Menschen zu verdanken: seinen 23 Mitarbeiterinnen und den Kunden.

Wobei die Firmengeschichte beinahe schon weinige Tage nach dem Tod von Willi Menn beendet gewesen wäre. Die Berliner Erbengemeinschaft, der das Haus gehört, wollte den Mietvertrage aufheben, um an eine Handelskette zu vermieten. Ralph Menn verhandelte hartnäckig. 15 Prozent mehr Miete muss er nun zahlen, aber das war ihm die Firma seines Onkels Willi wert.

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