Wer Pflanzen und Gemüse großzieht, blüht selbst auf

Neunkirchen · Viel Platz zum „Urban Gardening“ benötigt man nicht: Es reicht eine Baumscheibe, eine Fensterbank, ein Balkon oder eine freie Wand, um loszulegen. Unverzichtbar sind dagegen Leidenschaft, Ausdauer und Geduld.

Es wurde ein Abend der Überraschungen. So freute sich Gastgeber Christoph Hassel, Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) Saar, über das unerwartete, verhältnismäßig große Interesse an der Vortragsveranstaltung "Urban Gardening" in der Stummschen Reithalle. "Wir wollen das Thema Gärtnern in der Stadt stärker bekannt machen im Saarland", so Hassel. "Es geht ja nicht nur um Gemüseanbau. Wir sehen Urban Gardening als gelebten Ausdruck des wieder erwachten Bedürfnisses nach Gemeinsamkeit, Selbstversorgung, Teilhabe und Nachhaltigkeit" - eine Riesenchance für den BUND, Menschen für Naturschutz im eigenen Lebensumfeld zu sensibilisieren und zu begeistern.

Referentin Eva-Marie Ratius wiederum war baff erstaunt, was hier in Neunkirchen schon alles an "Urban Gardening"-Initiativen im weitesten Sinne läuft: Allerwelts-Garten in der Forststraße, Nachbarschaftsgarten Röntgenstraße, Pflanzentauschbörse und Hinterhofwettbewerb "Neunkircher Wohlfühloasen": "Davon können wir in Saarbrücken nur träumen." Trotzdem: Grüne Flecken, auf denen es sprießt und grünt und blüht und duftet, kann es nie genug geben. Warum und wie man mit dem Gärtnern anfangen soll, waren dann auch die Hauptthemen für Eva-Marie Ratius. Schnell sprang der Funke über, denn die passionierte Gärtnerin und Künstlerin hat selbst "eine enge Beziehung zu Pflanzen". Ihrer Erfahrung nach ist Urban Gardening "die Antwort auf alltägliche ermüdende Eintönigkeit". Sehr oft habe sie erlebt, wie Leute regelrecht aufblühen, wenn sie sich darauf einlassen: "Den Sinn des Lebens findet man dort auch." Was längst 100 000 "Stadtgärtner" rund um den Globus unterschreiben würden, was die Referentin exemplarisch an Initiativen in Detroit und Kuba aufzeigte.

Viel Platz benötigt man nicht: Es reicht eine Baumscheibe, eine Fensterbank, ein Balkon oder eine freie Wand, um loszulegen. Unverzichtbar sind dagegen Leidenschaft, Ausdauer und Geduld. Handelt es sich um eine Gemeinschaftsinitiative, braucht es "Kristallisationspunkt"-Leute - Organisationstalente, die alles koordinieren und das Rad am Laufen halten. WC und Grillplatz müssen sein, ein Zaun wäre empfehlenswert. Gedanken sollte man sich auch um gutes Saatgut machen, so Eva-Marie Ratius. Gerade Urban Gardening ist prädestiniert dafür, alte Sorten wieder neu zu entdecken. Unterstützung seitens der Behörden und Bevölkerung ist ebenfalls wichtig. Aktionen im und um den Garten schaffen die nötige Akzeptanz und Sympathie. Eine eher "leise Hilfe" in Person von Nützlingen wie Igel, Insekten & Co. stellt sich dann von ganz alleine ein, vorausgesetzt, man verzichtet auf die chemische Keule. Was ganz im Sinne des BUND Saar ist.

Der hat zur Kampagne mit Eva-Marie Ratius ein eigenes, sehr Praxis nahes Handbuch entwickelt, das Interessierten kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Bei einem Workshop wird die Referentin noch tiefer ins Thema einsteigen. Los geht's am Samstag, 19. Juli, um 15 Uhr in der Stummschen Reithalle.

Mehr Infos erteilt die BUND-Landesgeschäftsstelle, Tel. (06 81) 81 37 00.

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