Wenn Salatgurken auf Grünstreifen reifen würden

Nach getaner Arbeit gibt es nichts Schöneres: Beine hochlegen, abschalten, erholen. Aber echte Ruheoasen mitten in der Stadt - das soll gehen? Und was bedeutet eigentlich Erholung? Für die einen heißt es, stundenlang am St. Johanner Markt zu sitzen, "Flotte Lotte" im St. J zu trinken und Leute zu gucken. Oder im Innenhof des Zapata den ganzen Tag Manchego-Käse mit Membrillo zu essen

Nach getaner Arbeit gibt es nichts Schöneres: Beine hochlegen, abschalten, erholen. Aber echte Ruheoasen mitten in der Stadt - das soll gehen? Und was bedeutet eigentlich Erholung? Für die einen heißt es, stundenlang am St. Johanner Markt zu sitzen, "Flotte Lotte" im St. J zu trinken und Leute zu gucken. Oder im Innenhof des Zapata den ganzen Tag Manchego-Käse mit Membrillo zu essen. Oder eine Yoga-Stunde in einem der Yoga-Zentren der Stadt mitzumachen. Oder die Felsenwege in St. Arnual zu erwandern. Oder an der Saar Fahrrad zu fahren. Oder den Bauarbeiten an den Baustellen in der Stadt zuschauen. Oder ein Nachmittag im Ludwigspark. All das geht in Saarbrücken. Meist verbindet man aber wohl mit der klassischen "Erholung" grüne Wiesen, bunte Blumen, sanfte Stille, zartes Vogelgezwitscher, Sonnenschein. Grüne Oasen eben, in der Stadt. Und da wird's schon schwer. Wohl dem, der eine selbst begrünte Dachterrasse hat. Klar, man kann sich an den Staden legen oder gegenüber an den Potato-Island-Strand. Natürlich gibt es auch andere schöne Plätze in Saarbrücken. Die Schlossmauer zum Beispiel: Herrlich ist es, da zu stehen und die Stadt zu betrachten, aber beschaulich ruhig ist es dort mit Blick auf das wunderschöne Theater und - leider - mit Ohr auf die horrend-laute Autobahn nicht. Dann schon lieber der Schlossgarten mit seinen akkuraten Pfaden. Manchmal tut's auch schon eine Bank an der Saar. Der Deutsch-Französische Garten ist ebenfalls herrlich erholsam, aber für den in der Stadt Erholung Suchenden zu weit außerhalb. Abseits der Bahnhofstraße, mit wenigen Schritten zu erreichen, gibt's für jenen Zeitgenossen wenig - höchstens bepflanzte Beton-Blumenkübel.

In Großstädten werden in solchen Fällen ja oftmals Menschen aktiv, die "Guerilla Gardening" (Guerilla-Gärtnern) betreiben und einfach selbst für genügend Erholung spendendes Grün in der Stadt sorgen. Guerilla Gardening gilt ursprünglich als Mittel politischen Protests und bezeichnet die heimliche Aussaat von Pflanzen im öffentlichen Raum. Mittlerweile hat sich Guerilla-Gardening weiterentwickelt zum "urbanen Gärtnern" und verbindet mit dem Protest das Nützliche: ganz praktisch eine potenzielle Ernte (von Möhren, Kartoffeln etwa) oder schlicht und ergreifend die Verschönerung trister Innenstädte.

Auf "Überraschungspflanzungen" haben die Guerilla Gardeners am meisten Lust und darauf, auf Grünstreifen zwischen mehrspurigen Straßen Kohlköpfe anzupflanzen oder auch, in alten Autoreifen auf Abrissgrundstücken Tomaten zu ziehen. Lustig anzusehen wär's auf jeden Fall, wenn zum Beispiel auf der Fahrbahn zwischen Alex-Brasserie und Theater plötzlich Salatgurken reifen würden. Oder wenn sich auf der Wilhelm-Heinrich-Brücke plötzlich riesige Sonnenblumen aus den Kübeln strecken würden. Wer weiß, was da noch so alles unter der Erde schlummert, wachsen will und grüne Erholung in die Stadt bringt?

Tipps für Fortgeschrittene? Einfach melden unter Telefon (0681) 502-2279 oder unter der E-Mail-Adresse doerr.k@web.de.

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