Wenn die Schule Bauchschmerzen macht

Saarbrücken. Zweimal ist er schon sitzen geblieben und hat täglich Bauchschmerzen - in der Schule fühlt sich der 13-jährige David nicht besonders wohl. Seine Eltern reagieren hilflos; Zuflucht bietet nur der Werkstatt-Schuppen seines Großvaters, wo David seinen Erfindergeist auslebt

 Nicolas Bertholet mimt in "35 Kilo Hoffnung" den 13-jährigen David, Jürgen Kirchhoff seinen Großvater. Foto:Überzwerg/ Kerstin Krämer

Nicolas Bertholet mimt in "35 Kilo Hoffnung" den 13-jährigen David, Jürgen Kirchhoff seinen Großvater. Foto:Überzwerg/ Kerstin Krämer

Saarbrücken. Zweimal ist er schon sitzen geblieben und hat täglich Bauchschmerzen - in der Schule fühlt sich der 13-jährige David nicht besonders wohl. Seine Eltern reagieren hilflos; Zuflucht bietet nur der Werkstatt-Schuppen seines Großvaters, wo David seinen Erfindergeist auslebt. Als seine Eltern beschließen, ihn ins Internat zu stecken, sucht er auf eigene Faust eine Schule, die ihm gefällt.Aber ob sein Notendurchschnitt reicht, um aufgenommen zu werden? Sein Opa ermutigt ihn, dem Rektor einen persönlichen Brief zu schreiben. David befolgt seinen Rat - und wiegt nun in Erwartung der Antwort ganze "35 Kilo Hoffnung". So heißt der erste Jugendroman der französischen Erfolgsautorin Anna Gavalda ("Zusammen ist man weniger allein"), der nun in deutscher Uraufführung auf die Bühne kommt: Die Dramatikerin und Regisseurin Petra Wüllenweber hat das Buch im Auftrag des Theaters Überzwerg bearbeitet.

Wüllenweber, Jahrgang 1971, lebt in Köln, stammt aber aus Saarbrücken. Sie war Mitglied im Überzwerg-Jugendclub und studierte Regie an der Theaterakademie der Spielstatt Ulm. 2004 führte sie am Überzwerg Regie bei Henning Mankells "Der gewissenlose Mörder Hasse Karlsson...", im vergangenen Jahr belegte ihr Stück "Am Horizont", ebenfalls ein Auftragswerk der Überzwerge, bei den Mülheimer Theatertagen in der Kategorie Kinderstücke den dritten Platz.

Wie in "35 Kilo Hoffnung" (ab zehn Jahren) erzählt auch "Am Horizont" von der Freundschaft zwischen einem Jungen und seinem Großvater; den Jungen spielt jeweils Nicolas Bertholet, den Großvater Staatsschauspieler Jürgen Kirchhoff, ehemals am Saarländischen Staatstheater. Beides sind Generationenstücke; in beiden muss der Junge unter anderem mit einer schweren Erkrankung seines Großvaters fertig werden. Ähnliche Konstellation, unterschiedliche Themen: Während in "Am Horizont" Alzheimer im Mittelpunkt steht, kritisiert "35 Kilo Hoffnung" ein Schulsystem, das individuelle Begabungen ignoriert und dadurch wenig geeignet ist, Freude am Lernen zu vermitteln.

Worin lag die Schwierigkeit der Bühnenadaption? "Anna Gavaldas Buch ist aus Davids Perspektive erzählt. Dessen Sicht schildert die Autorin sehr genau, während die anderen Figuren manchmal nur angedeutet werden. Mir war es wichtig, allen Hauptpersonen ein Eigenleben zu geben", erläutert Wüllenweber. "Die Herausforderung lag zudem darin, eine theatrale Ebene zu finden, um die Geschichte zu transportieren: Etwa eine erzählte Passage in einen Dialog der streitenden Eltern zu verwandeln."

Als Ausstatterin zum ersten Mal Gast am Überzwerg ist Ulrike Melnik. Wüllenweber: "Ich schätze an ihr, dass sie ein Stück hervorragend analysiert und dann eine Bühne erfindet, die die Lebenssituation der Hauptfigur in einer abstrakten Form widerspiegelt." Im September hat mit "Zurzeit nicht erreichbar" ein weiteres Generationen übergreifendes Auftragswerk aus Wüllenwebers Feder Premiere, in dem Krankheit eine familiäre Krise auslöst und zum Selbstständigwerden zwingt. Zufall? "Am Überzwerg hat sich dieser Themenschwerpunkt eher zufällig ergeben - vielleicht aus dem Wunsch heraus, anspruchsvollere Themen sowohl einfühlsam als auch mit Witz und Poesie zu erzählen", sagt Wüllenweber. kek

Uraufführung: Samstag, 30. April, 15 Uhr, Theater Überzwerg. Karten: Tel. (06 81) 9 58 28 30.

ueberzwerg.de

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