Wenn Burbach zu Poesie wird

Burbach · Brücken bauen will der Kulturverein Burbach – Brücken zwischen Menschen, die lange in Burbach leben, Einwanderern und Leuten, die bisher nur zum Arbeiten in die neuen Gewerbeviertel kommen.

 Rudolf Kraus, Reinhard Klimmt und Frank Schilling (von links) vor Bildern des Künstlers Michael Kunz im Vereinscafé. Foto: Rolshausen

Rudolf Kraus, Reinhard Klimmt und Frank Schilling (von links) vor Bildern des Künstlers Michael Kunz im Vereinscafé. Foto: Rolshausen

Foto: Rolshausen

Mit Burbach ist das wie mit dem Leben, sagt Reinhard Klimmt. Das Leben sei eine Aneinanderreihung von Momenten - "guten und schlechten Momenten". Er und die anderen im Burbacher Kulturverein, sagt der ehemalige Ministerpräsident, "wollen für Burbach bunte Tupfer setzen, also für gute Momente sorgen".

Klimmt wohnt nicht in Burbach. Aber als er noch für die SPD aktiv war, seien Burbach und Malstatt sein "politisches Feld" gewesen. "Die Menschen hier haben mich gewählt, und jetzt will ich ihnen etwas zurückgeben", sagt Klimmt. Deshalb habe er vor zwei Jahren mitgeholfen, den Kulturverein Burbach zu gründen und den Vorsitz übernommen.

Rudolf Kraus ist Klimmts Stellvertreter im Verein und noch politisch aktiv. Er sitzt für die CDU im Stadtrat - bis zur Wahl im nächsten Sommer. Dann hört er auf. Aber im Verein macht er weiter. Da gehe es nicht um Politik. Da gehe es darum, "die Leute, die in den neuen Firmen Geld verdienen, ranzubringen an Burbach". "Brücken bauen" wolle der Verein zwischen denen, die in Burbach leben, und denen die in den Firmen arbeiten, die auf den ehemaligen Industriebrachen entstanden sind - auf den Saarterrassen, auf dem Gelände des ehemaligen Bahnausbesserungswerks. "Burbach ist kein einfacher Stadtteil. Es geht hier zwar viel ab, aber viele, die dafür sorgen, dass hier etwas passiert, fliegen morgens ein, und abends fliegen sie wieder aus", sagt Klimmt.

Kultur kann verbinden - die, die in Burbach in oft nicht einfachen Situationen leben, und die, die zumindest tagsüber in Burbach für Bewegung sorgen. Reinhard Klimmt, Rudolf Kraus und Frank Schilling, der Geschäftsführer des Vereins, machen sich keine Illusionen: Die Entwicklung des Stadtteils lässt sich nicht durch einen vom Verein organisierten Kino-Abend oder durch Kunstausstellungen im Schnelldurchgang erledigen.

Aber im Kulturcafé des Vereins zwischen Markt und Gersweiler Brücke kann man Kunstinteressierte, die auf den Saarterrassen arbeiten, ebenso treffen, wie Menschen die an den kostenlosen Büchern interessiert sind, die es beim Kulturverein gibt.

Und dann gebe es auch Künstler, die in Burbach leben und den Stadtteil sehr positiv sehen, nicht nur weil die Mieten hier recht niedrig sind, sagt Schilling. Einer dieser Künstler, der Amerikaner Fred George hat sich bereit erklärt, mit Jugendlichen künstlerisch zu arbeiten.

Der Verein sieht in Burbach nicht in erster Linie einen sogenannten sozialen Brennpunkt. Burbach sei vielmehr ein Ort, an dem sich etwas entwickeln kann, eben weil der Stadtteil im Umbruch ist. Burbach sei ein guter Ort für Kultur. Und Kultur sei gut, um das etwas einseitige Bild, das so mancher von Burbach hat, zu verändern. Klimmt denkt sogar über einen Burbacher Kulturpreis nach.

Wobei das mit Künstlern und Burbach so eine Sache sei, sagt Klimmt. Er greift zu seinem Buch "Auf dieser Grenze lebe ich" und liest vor, was die einst vom Filmemacher Rainer Werner Fassbinder entdeckte Sängerin und Schauspielerin Ingrid Caven über ihre Heimat Burbach schrieb:

"Die Hüttenwerke von Saarbrücken. Eisen und Feuer, gelber Himmel, gusseisernes Gerumpel von Loren. Bremsen. Ruinen mit Schluchten, Leere und Skelettgerüste. Der Sinterstaub auf den Fenstern des Hauses, dass einem Angst wird. Dieser große Raum, beinah verlassen und fast tot, getrennte Elemente, zerstückeltes Universum. Die Kehrseite der Dinge. Ein Skelett? Das Knochengerüst. Gerippe. Kalt und fremdartig. Harte Kristalle."

Klimmt lacht. So sei das, wenn aus dem Leben, wenn aus Burbach Poesie wird.

Zum Thema:

Auf einen BlickDer Kulturverein Burbach lädt am 30. August tagsüber zum Zeichnen auf den Burbacher Markt ein. Abends wird im Café des Vereins in der Burbacher Straße 20 eine Ausstellung mit Fotos der Saarbrücker Künstlerin Rachel Mrosek eröffnet; die Ausstellung ist bis zum 21. September zu sehen. Danach stellt Runxia Deng aus. Open-Air-Kino auf dem Schulhof der Offenen Ganztagsgrundschule Weyersberg gibt es am 31. August ab 21 Uhr. Es wird der Film "Auf der anderen Seite" von Fatih Akin gezeigt.Im Vorstand des 2011 gegründeten Kulturvereins arbeiten Ex-Ministerpräsident und Ex-Bundesminister Reinhard Klimmt, Stadtratsmitglied Rudolf Kraus, Grundschulleiterin Julia Beer, der ehemalige West-Bezirksbürgermeister Horst Schmidt und der ehemalige Vorsitzende des Saarbrücker Ausländerbeirats Asgar Abbaszadeh.Kontakt: Geschäftsführer Frank Schilling, Telefon (06 81) 99 04 67 28, Kulturcafé, Burbacher Straße 20. olskulturverein-burbach.de

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