Weniger Geld für Schulen und Straßen

Saarbrücken · Die Ausgaben steigen deutlich stärker als die Einnahmen. Das riss auch in den vergangenen Jahren riesige Löcher in die Kommunalhaushalte. Verantwortlich dafür sind nach Ansicht eines Arbeitsmarkt-Experten zu geringe Steuereinnahmen.

 Die Etats der Kommunen für Bau-Investitionen, etwa an Straßen, sind im vergangenen Jahr um 19 Prozent geschrumpft. Foto: Nietfeld/dpa

Die Etats der Kommunen für Bau-Investitionen, etwa an Straßen, sind im vergangenen Jahr um 19 Prozent geschrumpft. Foto: Nietfeld/dpa

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Man ahnte es, aber seitdem die Statistiker der Landesregierung kürzlich aktuelle Daten zur Finanzlage der 52 Städte und Gemeinden veröffentlicht haben, ist es amtliche Gewissheit: Die Schulden der Kommunen sind 2015 erneut kräftig gestiegen. Die Kassenkredite stiegen um über vier Prozent auf knapp 2,1 Milliarden Euro. Eigentlich sind diese Kredite dazu da, um kurzfristige Finanzierungsengpässe zu überbrücken (kommunaler Dispo), doch längst werden auf diese Weise auch Personal- und Sozialausgaben bezahlt. Rechnet man alle Kredite in den Kernhaushalten zusammen, dann standen die Kommunen Ende 2015 mit mehr als 3,4 Milliarden Euro in der Kreide.

Finanzgutachter Martin Junkernheinrich warnte vor wenigen Tagen, schon ein Anstieg des Zinsniveaus um zwei Prozentpunkte werde die Kommunen schlagartig mit 72 Millionen Euro im Jahr zusätzlich belasten. Zur besseren Einordnung: Derzeit klafft in den kommunalen Haushalten im Saarland jedes Jahr ein strukturelles Defizit von 160 Millionen Euro , das sich durch höhere Zinsausgaben entsprechend vergrößern würde. Der Kaiserslauterer Professor rief zu einer "Fortsetzung und Verstärkung" des Sparkurses auf. "Notwendige, viele wichtige Maßnahmen werden durch Flüchtlinge nicht berührt", sagte er in Saarbrücken . Damit meinte er vor allem die Erhöhung der Grundsteuer B auf Grundstückseigentum. Aus den Daten des Statistischen Amtes geht hervor, dass 34 der 52 Saar-Kommunen im vergangenen Jahr die Grundsteuer B erhöht haben. Am stärksten drehten Mandelbachtal, Gersheim, Heusweiler, Beckingen, Schiffweiler, Dillingen, Saarwellingen, Wadgassen und Ensdorf an der Steuerschraube. Der durchschnittliche Hebesatz im Saarland liegt gleichwohl nach wie vor unter dem bundesweiten Niveau. 20 Kommunen erhöhten auch die Gewerbesteuer, bei der das Saarland jedoch bereits über dem Bundesdurchschnitt liegt.

Nicht erreicht haben die Kommunen bislang ihr Ziel, Personal abzubauen - und dies vor allem wegen der Aufnahme und Betreuung von Flüchtlingen. Für zusätzliches Personal mussten die Kommunen laut Städte- und Gemeindetag für 2016 mehr als fünf Millionen Euro veranschlagen. "Und damit nicht genug: Sie konnten auch das vorhandene Personal nicht abbauen, denn wo immer es möglich war, wurde auch vorhandenes Personal mit den Aufgaben der Flüchtlingsunterbringung und -betreuung betraut, zu einem Personalkostenanteil von mehr als zehn Millionen Euro ", teilte Geschäftsführerin Barbara Beckmann-Roh mit. Die Personalausgaben der Saar-Kommunen stiegen von 2014 auf 2015 um fünf Prozent auf 638 Millionen Euro . Ob der deutliche Rückgang der Flüchtlingszahlen den geplanten Personalabbau nun ermöglicht, scheint fraglich, da auch für die nun erst richtig einsetzenden Integrationsbemühungen Mitarbeiter benötigt werden. Wie stark sich der Bund künftig an diesen Kosten beteiligt, ist noch nicht ausgemacht.

Zwar kam Junkernheinrich zu dem Ergebnis, dass die Saar-Kommunen einen vergleichsweise hohen Anteil ihrer verfügbaren Mittel für Personal ausgeben. Doch der ehemalige Arbeitskammer-Chefvolkswirt Wolfgang Lerch weist darauf hin, dass der prozentuale Anteil der Personalkosten allein dadurch steige, dass die Sachinvestitionen sehr niedrig sind.

Letzteres zeigt auch die amtliche Statistik: Die ohnehin viel zu kleinen Etats der Kommunen für Bau-Investitionen (Schulen, Straßen, Abwasser) schrumpften noch einmal um 19 Prozent auf 136 Millionen Euro . Einen deutlichen Anstieg um zehn Prozent auf 602 Millionen gab es bei der Kreisumlage, mit der die Kommunen vor allem Sozialausgaben finanzieren. Hier schlagen nicht nur steigende Ausgaben für alte Menschen zu Buche, die sich aus eigener Tasche keinen Pflegeheimplatz leisten können, sondern auch steigende Sozialausgaben für Flüchtlinge, die nach ihrer Anerkennung Hartz IV beziehen.

Die Steuereinnahmen der Kommunen sind zwar ebenfalls gestiegen, aber längst nicht so stark wie die Ausgaben. Es bleibt also eine gewaltige Finanzlücke, die Lerch in erster Linie auf die Einnahmeschwäche der Saar-Kommunen zurückführt: Deren Steuereinnahmen lägen seit Jahren rund 20 Prozent unter dem Durchschnitt der Flächenländer. Dies könnten sie aber - siehe etwa den Anteil der Kommunen an der Einkommensteuer - zum großen Teil gar nicht beeinflussen. Und während der Landeshaushalt über den Länderfinanzausgleich entlastet werde, bleibe den Saar-Kommunen ein solcher Ausgleich weitgehend verwehrt.

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