Wenige Worte treffen den Kern

Saarbrücken · 200 junge Poeten aus dem Saarland, aus Rheinland-Pfalz und Niedersachsen haben ihre kreativen Gedanken beim elften Wortsegel-Schreibwettbewerb der Gemeinde Tholey zu Papier gebracht. Auch Saarbrücker hinterließen einen bleibenden Eindruck.

 Die Wortsegel-Sieger sind hier mit den Paten und den Preisverleihern auf einem Bild vereint. Foto: Frank Faber

Die Wortsegel-Sieger sind hier mit den Paten und den Preisverleihern auf einem Bild vereint. Foto: Frank Faber

Foto: Frank Faber

Lara Brahem und Sophie Mähler wirkten nervös. Die beiden Schülerinnen aus Theley haben wie weitere 200 Nachwuchspoeten am elften Wortsegel-Schreibwettbewerb der Gemeinde Tholey teilgenommen. Nun saßen sie ungeduldig im Tholeyer Rathaus. Dann griff Stienke Kalbfuss in Vertretung für Jurysprecherin Irmela Freigang zum Mikrofon. "Der erste Platz bei den dritten, vierten Klassen ist ein Gedicht, das eine Welt, die zum Abheben anregt, beschreibt", sagte Kalbfuss. Und genau das Gedicht hatten Lara Brahem und Sophie Mähler verfasst. Zunächst schauten sich die Mädels ungläubig an und trugen dann gemeinsam daraus den Vers vor: "Als der warme Luftzug uns ins Gesicht kam, fühlte es sich so an, als würden wir schweben, Abenteuer kamen uns entgegen."

Literarischer Pate der elften Wortsegel-Auflage war Berthold Brecht, dessen Zitate die jungen Schriftsteller angeregt haben, selbst ein Gedicht zu verfassen. "Es ist schön, dass eine solche Vielfalt dabei war", lobte Kalbfuss. Saar-Bildungsminister und Schirmherr Ulrich Commerçon SPD ) fand: "Lyrik ist oft leicht vorgetragen, aber eine schwere Kost." Alle beim Wettbewerb eingegangenen Texte und Gedichte seien keine Selbstverständlichkeit. "Es ist vielmehr eine Leistung, die sich die Schüler in jedem Jahr neu erarbeiten."

Der Vers "Die Himmel hören die Schreie der Ertrinkenden nicht" animierte zwei Schülerinnen der aus den Klassenstufen elf bis 13 die Flüchtlingspolitik ins Gedicht einzubeziehen. Im September hatte das Foto des ertrunkenen dreijährigen syrischen Flüchtlingskindes Aylan Kurdi die Welt erschüttert. "Leblos an den Strand gespült", las die Erstplatzierte Anna Wiedenroth vom Saarlouiser Robert-Schumann-Gymnasium dazu vor. Zuvor hatte Sarah Zemelko (Ludwigsgymnasium Saarbrücken) ausgeführt: "Kalt ist sein Körper, warm noch sein Herz. Salzig das Meer, salzig die Tränen." Die Schülerinnen stellten das Versagen der Menschlichkeit dar und rufen mit dem Gedicht ein Bild auf, das sofort wieder präsent ist.

"Ich freue mich sehr, dass der Wettbewerb auch nach elf Auflagen noch einen so großen Zuspruch findet", sagte Tholeys Bürgermeister Hermann Josef Schmidt (CDU ). Erstmals sind sogar aus Niedersachsen Beiträge eingereicht worden. "Wie viel man mit wenigen Worten ausdrücken kann, darüber staunt man nicht selten." Zitatgeber der nächsten Ausgabe des Wettbewerbes wird Schriftsteller und Titanic-Mitgründer Robert Gernhardt (1937 - 2006) sein. Zudem hat Schmidt die Idee aufgebracht, einen Poetry-Slam einzubauen. Dabei werden dem Publikum selbst geschriebene Texte vorgetragen.

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