Weiterbauen im Bestand: Vor dem Bauen steht das Denken

Saarbrücken · Jörg Springer, Professor an der Bauhaus-Universität Weimar, war für einen speziellen Architektur-Vortrag in Saarbrücken.

Der Titel des Vortrags, zu dem die Stiftung Baukultur Saar in das VHS-Zentrum am Schloss geladen hatte, ließ ahnen, dass darin die Frage nach dem Umgang mit vorhandenem Baubestand nicht auf einen einfachen Nenner zu bringen ist: "Angemessen im Besonderen - Weiterbauen": Also kein hemdsärmeliger Pragmatismus, der neben den vorhandenen, alten Bestand etwas Neues setzt und damit die verschiedenen Baustufen sichtbar macht. Ebenso wenig stand zu erwarten, dass hier die Rekonstruktion historischer Bauformen als vermeintlich Authentizität schaffende Art des Weiterbauens favorisiert wurde. Was es für Jörg Springer heißt, "eine moderne, zeitgenössische Lösung zu finden", erwies sich daher als umfassender Vorgang.

Versteht sich, denn der Berliner Architekt hält zum einen eine Professur für komplexe Gebäudelehre an der Bauhaus-Universität Weimar und zum anderen hält er es mit dem Satz des Architekten und Pritzer-Preisträgers Aldo Rossi , der Architektur als Nachdenken über Architektur verstand. Demgemäß steht bei Springer vor dem Bauen das Denken, der Überbau der Ideen vor dem Weiterbauen des Bestandes. Wenn man so will: Diskursarchitektur.

Das ist kein leichter Stoff, auch im Vortrag. Dabei leiten Jörg Springer drei Fragen: Die nach der Ideengeschichte eines Ortes und die ihn tragenden Ideen, "der Umgang mit architektonischen Bildern", die einem Gebäude, sei es einer Kindertagesgestätte, einer Wohnanlage, einem Theater in seiner Baugeschichte und der Architekturgeschichte allgemein zugrunde liegen und damit "die Frage nach der Angemessenheit des Ausdrucks" und zuletzt die Aura eines Gebäudes, das Einzigartige, das Besondere, das einem Gebäude anhaftet.

Das ist wahrlich ein hochkomplexes Vorgehen, das Jörg Springer an unterschiedlichen Weiter- und Neubauprojekten seines Büros darstellte. Dazu gehören der Sitz der Bundesstiftung Baukultur in Potsdam, eine Kindertagesstätte in Berlin, das Museum Lüneburg, ein Wohnhaus mit einer Turmruine verbunden in Hannover, das Theater Stralsund, das geplante Gemeindehaus am Wormser Dom: Der Geschichte der Gebäude verbunden, was Material und Form betrifft, dennoch auch eigenwillig in ihrer Ergänzung. Auch das ein Ansatz, was Weiterbauen des Bestandes heißt. Und Denken als Teil des Bauens zu verstehen, ist nie verkehrt.

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