Wegen Pfeiferei vergrault?

Saarbrücken · 55 Spiele hat Alessia Jochum für Fußball-Zweitligist 1. FC Saarbrücken bestritten – jetzt geht sie zurück in die Regionalliga. Beim 1. FC Riegelsberg wird sie auch bei ihrer zweiten Leidenschaft unterstützt.

 Für den 1. FC Saarbrücken wird Alessia Jochum in naher Zukunft nicht mehr jubeln. Sie trägt ab sofort wieder das Trikot des Regionalligisten 1. FC Riegelsberg. Foto: Schlichter

Für den 1. FC Saarbrücken wird Alessia Jochum in naher Zukunft nicht mehr jubeln. Sie trägt ab sofort wieder das Trikot des Regionalligisten 1. FC Riegelsberg. Foto: Schlichter

Foto: Schlichter

Die Liste der Neuzugänge bei den Damen des Südwest-Regionalligisten 1. FC Riegelsberg ist lang. Und sie ist mit prominenten Namen gespickt. Trotzdem sticht eine unter den 20 Fußballerinnen besonders hervor: Alessia Jochum, letzte Saison Stammspielerin beim ambitionierten Zweitligisten 1. FC Saarbrücken , ist zu ihrem Heimatverein Riegelsberg zurückgekehrt.

"Ich sehe das nicht als Rückschritt. Hier gibt es für mich neue Ziele und andere Schwerpunkte. Ich muss jetzt mehr Verantwortung übernehmen und kann endlich auf meiner Lieblingsposition im defensiven Mittelfeld spielen", erklärt die 21-Jährige, die beim FCS meist als linke Außenverteidigerin auflief. Jochum, die seit ihrem achten Lebensjahr zunächst parallel für Saarbrücken und Riegelsberg spielte, wechselte als B-Jugendliche ganz zum FCS und bestritt für die Malstatter seit der Saison 2013/2014 in der 2. Bundesliga 55 Spiele (acht Tore).

"Ich wohne in Riegelsberg, bin hier in meiner Heimat. Zum 1. FC Riegelsberg habe ich immer noch einen großen Bezug, mit meinen Eltern bin ich an den Spieltagen oft auf dem Sportplatz, wenn ich selbst kein Spiel habe", sagt Alessia Jochum, deren Bruder Cedric in der Verbandsliga-Mannschaft der FCR-Herren spielt. "Der Wechsel war auch wegen meines Studiums richtig, ich habe mir in diesem Semester viel aufgeladen. Da bin ich für jede längere Fahrzeit, die wegfällt, dankbar", erklärt die Linksfüßerin, die in Saarbrücken Sport, Deutsch und katholische Religion auf Lehramt studiert.

Dass Jochum, die in der Vergangenheit sogar ins Blickfeld des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) geriet und 2012 an DFB-Sichtungslehrgängen teilnahm, zurück zu ihrem Heimatverein gewechselt ist, hat aber noch einen anderen Grund. Beim 1. FC Saarbrücken sah man es offenbar nicht gerne, dass die 21-Jährige nicht nur selbst gegen den Ball trat, sondern auch hochklassig als Schiedsrichterin tätig ist. "Mir wurde manchmal vorgeworfen, dass ich müde zum Training erschienen wäre, nachdem ich am Tag zuvor ein Spiel gepfiffen hatte. Das konnte ich überhaupt nicht nachvollziehen. Läuferisch und konditionell gab es nicht viele, die mir das Wasser reichen konnten", blickt Jochum zurück. Seit März 2014 ist sie Schiedsrichterin, pfeift Spiele der Herren-Landesliga und A-Jugend-Verbandsliga. In zweieinhalb Jahren hat sie es in den Schiedsrichter-Förderkader des Südsaar-Kreises geschafft.

"Als Schiedsrichter hast du eine ganz andere Sicht auf die Dinge, musst in Sekundenschnelle Zweikämpfe bewerten und Entscheidungen treffen", sagt Jochum. Ihr größtes Spiel als Schiedsrichterin war das Saarlandpokalfinale der Damen im vergangenen Jahr zwischen dem SV Dirmingen und dem SV Bliesmengen-Bolchen, das anstrengendste das Derby 2015 in der Saarlandliga der Herren zwischen dem VfL Primstal und dem SV Hasborn. "Ich war Linienrichterin vor 800 Zuschauern. Da kommt jedes Mal ein Spruch geflogen, wenn du die Fahne hebst. Ich kann das aber ausblenden", sagt Jochum.

Dass sie Schiedsrichterin geworden ist, hat sie auch ihrem Vater zu verdanken. "Er pfeift seit über zehn Jahren. Ich bin mit Regelfragen so lange zu ihm gekommen, bis er mir einen Crashkurs vorgeschlagen hat. Er hat zwar gemeint, ich solle es lieber lassen, weil man als Schiri nur Scherereien hat. Aber ich habe es durchgezogen und eine Woche später die Prüfung abgelegt", erzählt Jochum und muss lachen.

Ob sie ihre Konzentration in Zukunft eher dem Fußballspielen oder der Schiedsrichterei widmen will, weiß sie noch nicht. "Heiner Müller , der saarländische Schiedsrichter-Lehrwart, hat mir gesagt, dass ich als Schiri schneller vorankommen könnte, wenn ich nicht mehr spiele. Und ich würde gern irgendwann in der 2. Frauen-Bundesliga pfeifen. Im Moment sehe ich mich aber noch viel zu sehr als Fußballerin."

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