Weg mit Barock! Zukunftsmusik für eine Orgel

Saarbrücken · 1925 wurde die Orgel in der Kirche St. Michael geweiht, 1984 folgte eine Neobarockisierung, die der Förderverein der Orgel gern rückgängig machen würde. Denn im Originalzustand wäre die Orgel ein Alleinstellungsmerkmal. Zumal die Kirche über eine außergewöhnliche Akustik verfügt – wie auch das Neujahrskonzert am Sonntag zeigte.

 Susanne Mayer und Stefan Ilas, fotografiert auf der Empore beim Neujahrskonzert in St. Michael. Trompeter Jonas Jacob ist nicht im Bild zu sehen. Foto: Kerstin Krämer

Susanne Mayer und Stefan Ilas, fotografiert auf der Empore beim Neujahrskonzert in St. Michael. Trompeter Jonas Jacob ist nicht im Bild zu sehen. Foto: Kerstin Krämer

Foto: Kerstin Krämer

Wer noch nie bei einem kirchlichen Orgelkonzert auf der Empore saß, sollte das unbedingt nachholen: Es ist faszinierend, welche Nebengeräusche die Mechanik eines solchen stattlichen Instruments produziert, wovon jedoch unten in den Bänken nichts zu hören ist.

In den Genuss des reinen Orgelklangs kamen also die Besucher des "Festlichen Neujahrskonzerts mit Trompete , Sopran und Orgel " am Sonntag im mächtigen Schiff der sehr gut besuchten Kirche St. Michael in der Schumannstraße. Jonas Jacob (Trompete ) und Stefan Ilas (Orgel ), beide ausgebildet an der Hochschule für Musik Saar (HfM), spielten überwiegend filigrane Noten unter anderem von Bach und Mendelssohn-Bartholdy - für die erkrankte Sopranistin Tereza Andrasi (Saarländisches Staatstheater ) sprang bei Dvoráks "Biblischen Liedern" und Händels "Eternal source of light" kurzfristig Susanne Mayer (ebenfalls HfM) ein.

Als neuestes Werk war in gemäßigt moderner Tonsprache die Auftragskomposition "Epilog" für Orgel solo des jungen Komponisten Samuel Hvozdik (geboren 1993 in Bratislava) zu hören. Insgesamt war das Konzert eher besinnlich denn feierlich, gemäß dem von Jonas Jacob in seiner Einführung vorangestellten Zitat des Pianisten Glenn Gould , der Musik als "Trost in Form eines Gebets" empfand.

Weniger im Vordergrund standen auch die besonders auf dem Gebiet der Romantik liegenden Stärken der Späth-Orgel. Um Restauration und Bekanntheitsgrad dieser visuell eher unspektakulären Orgel aus dem Jahre 1925 müht sich ein 2010 gegründeter Förderverein, der seine Aktivitäten 2014 zum 90-jährigen Jubiläum der Pfarrei intensivierte. Denn dank des ursprünglich als romantische Großorgel konzipierten Instruments und der acht Sekunden Nachhall im wuchtigen Gemäuer verfügt das Gotteshaus über eine Akustik geradezu kathedralen Ausmaßes, die man gern besser bewerben möchte.

Größter Wunsch des Vereinsvorsitzenden Thomas Kitzig, Rektor der Musikschule Saarbrücken und Hausorganist der Pfarreien St. Elisabeth und St. Michael, ist es, die 1984 erfolgte Neobarockisierung der Späth-Orgel rückgängig zu machen und sie klanglich wieder in ihren Originalzustand zu versetzen: Anfangs habe zusätzlich ein Fernregister über dem Altarraum existiert, das verblüffende Echo-Effekte ermöglichte. "Die Wiederherstellung wäre ein Alleinstellungsmerkmal, mit dem wir Pilger anlocken würden", sagt Kitzig. Wegen der erforderlichen sechsstelligen Summe wird dieser Traum aber vorerst wohl Zukunftsmusik bleiben.

Ansonsten setzt der Verein auf Gastspiele mit Stars der internationalen Orgelszene: Im Juli kommt der Münchner Christian Brembeck, für September hat sich Matthias Eisenberg (derzeit Berlin) angesagt.

Bei einer neuen Reihe werden außerdem renommierte Organisten der Region alle derzeit 53 Register der Späth-Orgel ziehen: Ab Februar gibt es jeden vierten Sonntag im Monat um 11.45 Uhr im Anschluss an den Gottesdienst ein Matinee-Konzert.

Das Programm steht ab Mitte Februar online unter www.pfarrei-st-johann.de

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